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Gustav Freytag (1816-1895)

Das Trinklied vom kleinen Teufel.

Zu seinem Herrn Vater sprach einmal
Ein kleines Teufelein,
Ich möchte so gerne aufs Erdental
Betrachten den Sonnenschein;
Allein der Alte sagte: nein!
Du bist noch gar zu dumm und klein.

Da weinte das Kind in großem Schmerz
Und raufte die Härelein.
Das rührte des alten Teufels Herz,
Er sprach: So mag es sein;
Doch hüte dich, ins Licht zu gehn,
Bleib in den Kellerlöchern stehn.

Der kleine lustige Teufel fuhr
Herauf aus seiner Höll,
Und machte gehorsam die Reisetour
Durch Keller und Steingeröll.
Er kam in einen Keller hinein
Und sah allda ein Faß mit Wein.

Nun aber wißt ihr, steht der Wein
In Gnade bei Gott dem Herrn,
Dies macht den Teufeln Angst und Pein,
Und trinkt ihn keiner gern.
Das wußte der kleine Teufel nicht,
Ihm glänzte vor Freuden das Angesicht.

Er sprang vergnügt um das Faß herum
Und drehte den Zapf und Spund,
Und hörte der Blasen Brumm und Summ
Und steckte hinein den Mund.
Und seht, das kleine Teufelein
Betrank sich und fiel in das Faß hinein.

Und als er im Faß ertrunken war,
Da klagte die Hölle sehr.
Es weinte heftig der Brüder Schar,
Am meisten der alte Herr.
Und schrieben auf einen Leichenstein:
Hier schläft das ertrunkne Teufelein.

Dem Weine war dies Ruhm und Preis,
Doch heimlich auch Verlust;
Wir Zecher sind der beste Beweis:
Noch zieht in unsre Brust
Beim Trinken selbst der Himmel ein,
Am nächsten Morgen – das Teufelein.


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