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Johannes Trojan (geb. 1837)

Die achtundachtziger Weine.

Ein saures Stück Arbeit.

In diesem Jahr am Rheine
Sind leider gewachsen Weine,
Die an Wert nur geringe.
Es reiften nur Säuerlinge
Im Verlauf dieses Herbstes;
Nur Herberes bracht er und Herbstes.
Zu viel Regen, zu wenig Sonnenschein
Ließ erhofften Segen zerronnen sein,
Nicht Gutes floß in die Tonnen ein.
Der achtundachtziger Rheinwein
Ist leider Gottes kein Wein,
Um Leidende zu laben,
Um Gram zu begraben,
Um zu vertreiben Trauer;
Er ist dafür zu sauer.

An der Mosel stehts noch schlimmer,
Da hört man nichts als Gewimmer,
Nichts als Ächzen und Stöhnen
Von den Vätern und Söhnen,
Den Müttern und den Töchtern
Über den noch viel schlechtern
Verlauf der heurigen Lese.
Der Wein ist wahrhaft böse,
Ein Rachenputzer und Krätzer;
Wie unter Gläub'gen ein Ketzer,
Wie ein Strolch, ein gefährlicher,
In der Gesellschaft Ehrlicher
Unter guten Weinen erscheint er.
Aller Freude ist ein Feind er,
Aller Lust ein Verderber;
Sein Geschmack ist fast noch herber
Als der des Essigs, des reinen,
Ein Wein ists zum Weinen.

Aber der Wein, der in Sachsen
In diesem Jahr ist gewachsen
Und bei Naumburg im Tale
Der rasch fließenden Saale,
Der ist saurer noch viele Male
Als der sauerste Moselwein.
Wenn du ihn schlürfst in dich hinein,
Ist dirs, als ob ein Stachelschwein
Dir kröche durch deine Kehle,
Das deinen Magen als Höhle
Erkor, darin zu Hausen.
Angst ergreift dich und Grausen.

Aber der Grünberger
Ist noch sehr viel ärger.
Laß ihn nicht deine Wahl sein!
Gegen ihn ist der Saalwein
Noch viel süßer als Zucker.
Er ist ein Wein für Mucker,
Für erbärmliche Dichter
Und ähnliches Gelichter.
Er macht lang die Gesichter,
Blaß die Wangen; wie Rasen
So grün macht er die Nasen.
Wer ihn trinkt, den durchschauert es,
Wer ihn trank, der bedauert es.
Er hat etwas so Versauertes,
Daß es sich nicht läßt mildern
Und nur schwer ist zu schildern
In Worten oder Bildern.

Aber der Züllichauer
Ist noch zwölfmal so sauer
Als der Wein von Grünberg.
Der ist an Säure ein Zwerg
Gegen den Wein aus Züllichau.
Wie eine borstige wilde Sau
Sich verhält zur zarten Taube,
So verhält sich, das glaube,
Dieser Wein zu dem Rebensaft
Aus Schlesien. Er ist schauderhaft,
Er ist gräßlich und greulich,
Über die Maßen abscheulich.
Man sollte ihn nur auf Schächerbänken
Den Gästen in die Becher schänken,
Mit ihm nur schwere Verbrecher tränken,
Aber nicht ehrliche Zecher kränken.

Wenn du einmal kommst
In diesem Winter nach Bomst,
Deine Erfahrung zu mehren,
Und man setzt, um dich zu ehren,
Dir heurigen Bomster Wein vor,
Dann, bitt' ich dich, sieh dich fein vor,
Daß du nichts davon verschüttest
Und dein Gewand nicht zerrüttest,
Weil er Löcher frißt in die Kleider
Und auch in das Schuhwerk leider.
Denn dieses Weines Säure
Ist eine so ungeheure,
Daß gegen ihn Schwefelsäure
Der Milch gleich ist, der süßen,
Die zarte Kindlein genießen.
Fällt ein Tropfen davon auf den Tisch,
So fährt er mit lautem Gezisch
Gleich hindurch durch die Platte.
Eisen zerstört er wie Watte.
Durch Stahl geht er wie durch Butter,
Er ist aller Sauerkeit Mutter.
Stand halten vor diesem Sauern
Weder Schlösser noch Mauern.
Es löst in dem scharfen Bomster Wein
Sich Granit auf und Ziegelstein.
Diamanten werden sogleich,
In ihn hineingelegt, pflaumenweich.
Aus Platina macht er Mürbeteig.
Dies vergiß nicht, wenn du kommst
In diesem Winter einmal nach Bomst!


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