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Karl Joseph Simrock (1802-1876)

1. Der Schmied von Solingen.

Zu Solingen sprach ein Schmied
Bei jedem Bajonette,
Das seinem Fleiß geriet:
Ach, daß der Fritz es hätte!

Wenn er die Zeitung las
Von seinem Lieblingshelden,
Da schien ihm schlecht der Spaß
Nicht lauter Sieg zu melden.

Einst aber hat es sich
Viel anders zugetragen:
Da hieß es, Friederich
Sei bei Kolin geschlagen.

Der Schmied betroffen rief:
»Hier muß geholfen werden,
Sonst geht die Sache schief!«
Und riß den Schurz zur Erden.

Ihm waren Weib und Kind
Wohl auch ans Herz gewachsen;
Doch lief er hin geschwind
Zu Friedrichs Heer in Sachsen.

Und eh man sichs versah
Begann die Schlacht zu tosen:
Mit Seidlitz schlug er da
Bei Roßbach die Franzosen.

Das deucht ihn nicht genug,
Viel schlimmre Feinde dräuten,
Er ließ nicht ab und schlug
Mit Zieten noch bei Leuthen.

Da ging es herrlich her:
Zu ganzen Bataillonen
Ergab sich Östreichs Heer
Mit Fahnen und Kanonen.

Und somit wär vollbracht,
Gedacht er, meine Sendung:
Es nimmt nach solcher Schlacht
Von selber andre Wendung.

Mit Urlaub kehrt er um,
Für Weib und Kind zu sorgen,
Und hämmerte sich krumm
Vom Abend bis zum Morgen.

Der Krieg ging seinen Gang,
Man schlug noch viele Schlachten,
Die oft ihm angst und bang
In seiner Seele machten.

Als endlich Friede war,
Fritz, rief er, laß dich küssen,
Ich hätte dir fürwahr
Sonst wieder helfen müssen.

2. Der Bauer im Himmel.

Ein Bauer kam ans Himmelstor,
Da stand ein Reicher schon davor;
Dem tat der heilge Petrus eben
Das Pförtlein auf zum ewgen Leben;
Schloß wieder zu, weil er nicht sah,
Daß noch ein andrer stünde da.
Doch pocht er und verzieht noch gern,
Denn zum Empfang des reichen Herrn
Hört er im Himmel jubilieren,
Die Engel singen und musizieren,
Dazu Geläut mit allen Glocken.
Als endlich nun die Töne stocken,
Noch einmal pocht das Bäuerlein,
Und Petrus kam und ließ ihn ein.
Wohl dachte da der gute Bauer,
Um ihn auch wäre keine Trauer,
Man würd auch ihm ein Ständchen bringen
Und alle Glocken lassen klingen.
Allein für diesmal ward nichts draus.
Man nahm ihn zwar im ganzen Haus
Gar freundlich auf, auch gingen ihm
Entgegen Engel und Cherubim,
Doch ohne allen Sang und Klang,
Und niemand zog den Glockenstrang.
Einfältig frug er: »Was bedeutet,
Daß man für mich nicht singt und läutet,
Wie bei dem Reichen ist geschehn?
Es scheint parteiisch zuzugehn
Im Himmel auch wie auf der Erde.«
Sankt Peter lächelt der Beschwerde
und spricht: »Das ist nun hier der Brauch.
Du bist uns lieb wie jener auch
Und hast an allen Freuden teil;
Nur ruht Gesang und Glockenseil.
Es wär auch allzubald verschlissen,
Wird immerfort daran gerissen;
Die guten Englein würden heiser:
Sieh, das erbarmt den Himmelskaiser:
Denn arme Bäuerlein wie du
Gehn täglich viel dem Himmel zu:
Doch sieht man kaum in hundert Jahren
Einen Reichen gegen Himmel fahren.«


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