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Nikolaus Becker (1809-1845)

Die treue Haut.

Sie hatten einen Vetter da,
Dem Gutheit aus den Augen sah.
Ich fragte sie: Was tut der hier?
Antworten sie: »Den nähren wir
Aus Christenpflicht, um Gotteslohn,
Er wohnt bei uns seit lange schon.«
Und priesen insgesamt ihn laut,
Er sei so eine gute Haut.

Sie luden Gäst in großer Zahl,
Sie sagten ihm: »Besorg das Mahl!«
Da ist er hin- und hergerannt,
Bis alles auf der Tafel stand.
Sie sahen freudig ringsumher,
Am Katzentischchen selber er;
Doch priesen sie zum Schluß ihn laut,
Er sei so eine gute Haut.

Und als sie nun gefahren aus,
Sie sagten ihm: »Bewach das Haus,
Die Kinder hüt, verpfleg das Vieh
Und halte gute Ordnung hie!«
Er hat es fleißig so vollbracht;
Sie kehrten heim in später Nacht,
Sein Licht sie nahmen, priesen's laut,
Er sei so eine gute Haut.

Und wenn das Seil am Brunnen brach,
Der Eimer in der Tiefe lag,
Und wenn die Birne und die Pflaum,
Reif waren auf dem steilsten Baum;
Was sich ergab in Ernst und Spaß,
Sie sagten ihm: »Tu dies und das!«
Und priesen, wenns geschehn, ihn laut,
Er sei so eine gute Haut.

Sie legten, als er krank und schwach,
Ihn in die Kammer unters Dach.
Sie sagten ihm: »Bist du gesund,
So tu es uns nur eben kund!«
Doch hat er's nicht mehr kundgemacht,
Denn er verschied in selber Nacht.
Da klagten sie's den Nachbarn laut:
»Schad, daß er starb, die treue Haut!«


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