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Franz Ritter von Kobell (1803-1882)

Die Sennderin.

A' Senndrin hat a' Kalbn gsuacht,
Da hat s' an Jäger gfundn,
Der leit d'erschlagn jämmerli,
An Händ und Füßn 'bundn.
»O Senndrin, liebi Senndrin mei,
Schneid o die Strick, i bitt di fei,
Du sichst, wie eiend daß i bi,
O hilf, i bitt, sunst bin i hi!« –
Die Senndrin schaugt a guati Weil,
Ihr hat sei Freiheit gar koan Eil;
Do endli noagt se si zu ihm,
Als helfet s' von die Strick und Riem.
Und langsam ziegt s' ihms Messer raus,
Da kimmt dem Jager o a Graus;
Was draaht er d' Augn denn so weg,
Was macht ihm denn an sellen Schreck?
Die Senndrin sagt ihm staad ins Ohr
(Ihm kimmt's so laut wie Dunner vor):
»Mein Buabn hast d' erschossen mir,
Was monst, was ghört denn dir dafür?«
Sie geht und schneidt zwoa Daxn Tannenzweige. 'zamm,
Daß s' just a Kreuzel gebn habn,
Dees steckt s' bein ihm in Bodn nei
Und keilt's gar fest in Stoaner ei,
»Verstehst mi,« sagt s' »wenn's Schnee o geit,
So woaß ma do, wo oaner leit!«
Und schaugt 'n nomal furchtbar o,
Wirfts Messer weg und geht davo. –
Der Winter is kemma mit aller Gwalt
Und gstürmt und gfrorn hat's grausi kalt,
Und gschniebn hat's scho Tag und Nacht
Und 's Eis hat schier zun Ferchte kracht.
Da wadt a Wei in tiefn Schnee,
Tracht't nach der Wallfahrt auf der Höh',
Gar bloach is 's und is muettersloa;
Wer werd denn jetzt a Wallfahrt thoa?
Bei so an Wetter, 's is a Graus,
Da jagt ma ja koan Hund nit naus!
Und 's Wei dees arbet bis in d' Nacht,
Hat d' Wallfahrt nimmermehr damacht,
Gar bald verwaaht und kloa verschniebn
Is s' tot am Kreuzweg liegen bliebn. –
Dees Wei is gwest die Sennderin.
Schau, gar so scharf sei, bringt koan Gwinn.
Wer gar so hart und wüti tuat,
Der schadt ihm selm, es tuat koa Gut.


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