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Karl Weise (der Freienwalder Hans Sachs: 1813-1888?)

Häuslicher Zwist und Versöhnung.

»So kanns nicht, so darfs nicht mehr bleiben,
Herzfrauchen, so hält mans nicht aus!
O, geh doch! solch Wirtschaft zu treiben,
Daß ewig kein Heller im Haus!«

»Wer hats denn, wo ists denn geblieben?
Neun Esser, du weißts doch, ich, du,
Sind zwei, dann fünf Kinder macht sieben,
Und nun noch der Bursch und die Kuh.

Das magst du doch endlich bedenken,
Du, der nie verschwendend mich sah,
Statt täglich sein Weib so zu kränken,
Als wärs zum Erdulden nur da!«

»Dich kränken? Gott soll mich bewahren! –
Herzfrauchen, du, die ich so lieb,
Sag, darfs denn dein Mann nicht erfahren,
Wo all sein Verdientes verblieb?«

»Du darfst es, doch selbst nun verwalten
Die Kasse, nie tu ich es mehr,
Mich, mich für verschwendrisch zu halten,
O Himmel! das schmerzt doch zu sehr!«

Still weinend ergriff sie die Kreide,
Schrieb sinnend mit zitternder Hand
Aufs Tischchen: – Brot, Thymian, Seide,
Kien, Hering, Lavendelöl, Sand,

Schmalz, Besen, Milch, Seife, Kamillen,
Holz, Hirse, Heu, Schöpsenkopf, Mehl,
Speck, Zucker, Tran, Sauerkohl, Pillen,
Abgaben, Zwirn, Baldrian, Öl, –

»Herzfrauchen, laß gut sein!« – Rosinen,
Schnaps, Essig, Rhabarbersaft, Grieß,
Wurst, Schulgeld, Stroh, Kaffee, Pantinen,
Tee, Rippespeer, Wichse, Anis, –

»Herzfrauchen, ich glaubs ja!« – Pomade,
Gesangbuch, Mohn, Schnupftabak, Draht,
Talg, Fliedermus, Band, Karbonade,
Kartoffeln, Brauspulver, Muskat,

Leim, Honig, Reis, Tinte, Zitronen,
Schuhsohlen, Wachs, Pökelfleisch, Kitt,
Bier, Zwiebeln, Licht, Schürzenband, Bohnen,
Kohl, Malzextrakt, Gurken, Biskuit, –

»Zum Teufel, mach Ende!« Flachs, Käse,
Zimt, Sirup, Zichorien, Schmer,
Salz, Schinken, Katechismus, Gekröse,
Zigarren, Fisch, Kräuterlikör –

»Zum letztenmal! Frauchen! mach Ende!«
»Mitnichten! hier prüf erst, mein Freund,
wofür ich die Gelder verschwende!«
»Herzfrauchen, nicht bös wars gemeint!«

»Erst heut noch ging unnütz ich kaufen?
Ein Halsband mußt haben der Spitz,
Der Küster Geld endlich fürs Taufen,
Und Höschen der Hans und der Fritz.

Du weißt nicht, wieviel ich gelitten, –
Du weißt nicht, daß jüngst ich zur Nacht
Für Lieschen mein Brautkleid zerschnitten,
Draus Röckchen und Mieder gemacht.«

»Herzfrauchen!« – »Ach! wie mich bekümmert,
Du Lieber, und wie ichs bewein,
Daß unser Geschick sich verschlimmert,
Du siehst es vom Weibe nicht ein.

Gern möcht ich die Mahlzeit beschränken,
Doch, wenn ich sie dürftger dir brächt,
Dann würdst du nur tiefer mich kränken,
O Himmel! wie macht man's nur recht?

Ich, sagst du, hätt heimlich gesparet?
Wohl hab ichs, doch nimmer für mich!
Nimm, was ich mit Wonne bewahret,
Es sollte zum Schlafrock für dich!«

»Mein Engel! nicht weine mehr!« – »Darum,
Nimm du jetzt die Kasse!« – »Mach Schluß!
Behalt sie! das Summa Summarum
Besiegle mein herzlichster Kuß!

Wozu auch noch Güter erwerben?
Laß fahren das klingende Gut,
Läßt Gott unsere Kinderchen erben
Dein Herz und mein fröhliches Blut.

Er gab samt den reizenden Fünfen
Bis heut uns das tägliche Brot;
Und ist erst das Kleinst' auf den Strümpfen,
Dann mindert sich Sorge und Not.«

»Die Fünfe, welch himmlischer Segen!
O Unglück, wenn eins ich verlör!
Wenn ach! nur – ›was, Kind, welch Erregen?‹ –
Nicht Hoffnung zum sechsten auch wär!«

»Zum sechsten? – Entzückende Kunde!
Da weinst du? Ich rufe: Hurra!
Hoch lebe das sechste im Bunde,
Dem nimmer die Zwietracht mehr nah!

Weißt, wen wir zum Kindelfest laden?
Turn-, Sänger-, Handwerkerverein!
Du lachst? das sind lustige Paten,
Und glaub mir, sie sagen nicht nein.«


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