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Ludwig Uhland (1787-1862)

1. Graf Eberstein.

Zu Speier im Saale, da hebt sich ein Klingen,
Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.
Graf Eberstein
Führet den Reihn
Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.

Und als er sie schwingt nun im luftigen Reigen,
Da flüstert sie leise (sie kanns nicht verschweigen):
»Graf Eberstein,
Hüte dich fein!
Heut Nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.«

»Ei,« denket der Graf, »Euer kaiserlich Gnaden,
So habt Ihr mich darum zum Tanze geladen!«
Er sucht sein Roß,
Läßt seinen Troß
Und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.

Um Ebersteins Veste, da wimmelts von Streitern,
Sie schleichen im Nebel mit Haken und Leitern.
Graf Eberstein
Grüßet sie fein,
Er wirft sie vom Wall in die Gräben hinein.

Als nun der Herr Kaiser am Morgen gekommen,
Da meint er, es sei die Burg schon genommen.
Doch auf dem Wall
Tanzen mit Schall
Der Graf und seine Gewappneten all:

Herr Kaiser, beschleicht ihr ein andermal Schlösser,
Tuts not, ihr versteht aufs Tanzen Euch besser.
Euer Töchterlein
Tanzet so fein,
Dem soll meine Veste geöffnet sein.

Im Schlosse des Grafen, da hebst sich ein Klingen,
Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.
Graf Eberstein
Führet den Reihn
Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.

Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen,
Da flüstert er leise (nicht kann ers verschweigen):
»Schön Jungfräulein,
Hüte dich fein!
Heut Nacht wird ein Schlößlein gefährdet sein.«

2. Metzelsuppenlied.

Wir haben heut nach altem Brauch
Ein Schweinchen abgeschlachtet;
Der ist ein jüdisch-ekler Gauch,
Wer solch ein Fleisch verachtet.
Es lebe zahm und wildes Schwein
Sie leben alle groß und klein,
Die blonden und die braunen!

So säumet denn, ihr Freunde nicht,
Die Würste zu verspeisen,
Und laßt zum würzigen Gericht
Die Becher fleißig kreisen!
Es reimt sich trefflich: Wein und Schwein,
Und paßt sich köstlich: Wurst und Durst;
Bei Würsten gilt's zu bürsten.

Auch unser edles Sauerkraut,
Wir sollen's nicht vergessen;
Ein Deutscher hats zuerst gebaut,
Drum ists ein deutsches Essen.
Wenn solch ein Fleischchen weiß und mild
Im Kraute liegt, das ist ein Bild
Wie Venus in den Rosen.

Und wird von schönen Händen dann
Das schöne Fleisch zerleget,
Das ist, was einem deutschen Mann
Gar süß das Herz beweget.
Gott Amor naht und lächelt still
Und denkt: »Nur daß, wer küssen will,
Zuvor den Mund sich wische!«

Ihr Freunde, tadle keiner mich,
Daß ich von Schweinen singe!
Es knüpfen Kraftgedanken sich
Oft an geringe Dinge.
Ihr kennet jenes alte Wort
Ihr wißt: es findet hier und dort
Ein Schwein auch eine Perle.

3. Auf einen verhungerten Dichter.

So war es dir bescheret,
Du lebtest kummervoll,
Du hast dich aufgezehret,
Recht wie ein Dichter soll.

Das gab die Piëride
An deiner Wiege kund,
Sie weihte dir zum Liede,
Zu andrem nicht, den Wund.

Die Mutter starb dir frühe,
Man sah an dem Verlust,
Daß dir kein Heil erblühe
Von einer ird'schen Brust.

Die Welt mit ihren Schätzen,
Mit allem Überfluß
Soll nur dein Auge letzen;
Für andre der Genuß!

Der Frühling war dein Leben,
Die Blüte war dein Traum;
Ein andrer preßt die Reben,
Ein andrer leert den Baum.

Du hast an manchem Tage
Den Wasserkrug gestürzt,
Indes man Festgelage
Mit deinem Lied gewürzt.

Du warst schon hier verkläret,
Und ewig mehr als Geist,
Nun bist du heimgekehret,
Wo man Ambrosia speist.

Zu Grab getragen werde,
Was einem Leichnam gleicht!
Du drücktest nicht die Erde,
Sei dir die Erde leicht!


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