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Christian Felix Weiße (1726-1804)

1. Die letzte Bitte.

Hans.

Sieh, liebes Weib, ich sterbe nun
Und will mich gern dazu bequemen:
Doch werd ich nicht im Grabe ruhn,
Wo du mir solltest Töffeln nehmen.
Komm, schwöre mir, es nicht zu tun!

Grete.

Stirb, lieber Hans, stirb nur in Ruh!
Eh würd ich mich zu Tode schämen,
Als daß ich sollte, hießest du
Es mir gleich selber, Töffeln nehmen.
Ich sagt es schon dem Großknecht zu.

2. Der schwere Tod.

Herr Jobst, ein Freund sein Lebelang
Von Wein und von Vergnügen,
Lag hart an einem Fieber krank
Und nun in letzten Zügen.

Da stunden um sein Bette her
Die tränenvollen Erben.
Oh! wie erbaulich predigt er
Nicht noch vor seinem Sterben!

Mich, sprach er, rührt nicht mehr die Welt
Mit ihren eitlen Freuden,
Nicht Weib und Kind, nicht Gut und Geld,
Und ich will gerne scheiden.

Nur eins macht mir den Abschied schwer
Und allen Mut mir sinken:
Mein letztes Faß ist noch nicht leer;
Oh! dies nicht auszutrinken!

3. Die kranke Flasche.

Als Lukas bei der Flasche saß,
Da seufzt er über jedes Glas,
Das er sich eingeschenkt:
Sein Nachbar sah ihm lange zu
Und rief zuletzt: was seufzest du?
Freund Lukas, sage, was dich kränkt.

Die Flasche, sprach er, kränket mich:
So bald ich trinke, grämt sie sich;
Wie schrecklich nimmt sie ab!
Stax rief den Arzt, den Wirt, her
Der bald durch seinen guten Wein
Der Kranken neue Kräfte gab.
Allein was dauert auf der Welt?
Die Flasche ward bald hergestellt,
Bald sterbenskrank gemacht;
Bis endlich Lukas niedersank,
Er selber krank, sein Fläschlein krank;
Und beide kränkeln alle Nacht.


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