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Der Tannhäuser (um 1240-1270)

1. Leichte Bedingungen.

Die Herrin will belohnen mir
Die Dienste, die ich ihr geweiht;
Das sollt ihr alle danken ihr:
Denn jetzt gibt sie mir gute Zeit!
Umdrehen soll ich ihr den Rhein,
Daß er statt nach von Koblenz geh,
Dann will sie mir zu Willen sein!
Und bring ich Sand ihr aus der See,
Dort wo zur Ruh die Sonne sinkt,
Dann gibt sie ihren Lohn mir gern:
Doch hat sie noch dazu bedingt
Vom Himmel sich den Abendstern! –
Mir ist zumut,
Was sie mir tut,
Das soll mich alles dünken gut.
Sie war bei mir wohl auf der Hut,
Die Reine,
Die Feine!
Denn außer Gott alleine
Kennt niemand sonst die Eine,
Die Herrin, die ich meine!

Ich soll den Mond um seinen Glanz
Berauben, ehe sie mich liebt;
Umgraben auch die Erde ganz,
Bevor sie Minnelohn mir gibt.
Und könnt ich fliegen wie ein Star,
Die Gute täte, was mein Glück,
Und hoch hinschweben wie ein Aar
Und Speere brechen tausend Stück
Auf einmal wie Herr Gamuret
Mit reicher Tjost vor Kamvoleis,
Sie täte dann, was ich erfleht,
Und schenkte mir der Minne Preis! –
Mir ist zumut,
Was sie mir tut,
Das soll mich alles dünken gut.
Sie war bei mir wohl auf der Hut,
Die Reine,
Die Feine!
Denn außer Gott alleine
Kennt niemand sonst die Eine,
Die Herrin, die ich meine!

Nähm ich der Elbe Prall und Schwall
(Seht, wie ihr Herz so tugendreich!)
Der Donau ihren Hall und Schall,
So gäbe sie den Lohn mir gleich;
Doch müßt ich holen aus der Glut
Den Salamander noch vorher:
Gelingt mir dies, will wohlgemut
Und gern sie stillen mein Begehr.
Und kann ich Regen, Wind und Schnee
Abschaffen, wie sie mir gebot,
Dazu den Sommer und den Klee,
Dann tilgt sie sanft mir alle Not! –
Mir ist zumut,
Was sie mir tut,
Das soll mich alles dünken gut.
Sie war bei mir wohl auf der Hut,
Die Reine,
Die Feine!
Denn außer Gott alleine
Kennt niemand sonst die Eine,
Die Herrin, die ich meine!

(Z.)

2. Rückblick.

Die schönen Fraun, der gute Wein,
Der Imbiß jeden Morgen,
Und zweimal wöchentlich ein Bad,
Solch Brauch schuf mir die Sorgen.
Ach, wenn ich das verpfänden könnt,
Käm ich zu Hab und Gute,
Denn wenn es an ein Zahlen geht,
So wird mir weh zumute.
Und wenn ich Pfänder lösen soll,
Kommt Liebe gleich zum Leide,
Auch sind die Frauen ohne Reiz,
Wenn ich von ihnen scheide.
Der gute Wein scheint sauer mir,
Hab ich nichts zu verschwenden;
Wann werden für mich armes Blut
Die Trauertage enden?
Wüßt ich doch einen Herrn, daß er
Mir wollt den Kummer wenden!

Erbauen soll ich mir ein Haus,
So raten kluge Leute,
Die dazu wollen Hilfe leihn,
Kenn ich nicht erst seit heute.
Herr Unklug und Herr Schaffenicht,
Die laufen her gar eilig,
Und einer, namens Seltenreich,
Der kennt mich längst schon freilich.
Der Mangel und der Zweifel sind
Mein treues Ingesinde,
Herrn Schade und Herrn Unbequem
Ich stets zu Gaste finde;
Und wird mein Haus mir so erbaut
Von dieser ganzen Reihe,
So zweifelt nicht, daß in dem Bau
Mirs auf den Schädel schneie,
Dann fehlt nur, daß der Teufel mirs
Mit seinem Schwanze weihe.

Mein Säumer trägt zu leicht Gewicht,
Mein Roß geht träg mit Schritten,
Im Mantelsacke Leere gähnt,
Kein Knecht ist mir beritten.
Mein Haus sieht sich, ein Trauerstall,
Bewölbt von keinem Dache,
Die Stube ist ganz ohne Tür:
Ob mirs wohl Kummer mache?
Mein Keller ist in Schutt gestürzt,
Und Feuer fing die Küche,
Mein Stadel hat nicht Dach noch Wand,
Das Heu ging in die Brüche.
Gemahlen und gebacken wird
Mir nie, gebraut nur selten,
Die Kleider werden dünner stets,
Ich werds im Frost entgelten,
Ums Hausgerät darf niemand mich
Beneiden oder schelten!

(Z.)


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