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Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

Prinz Eugen, der edle Ritter.

Zelte, Posten, Werda-Rufer!
Lustge Macht am Donauufer!
Pferde stehen im Kreis umher
Angebunden an den Pflöcken;
An den engen Sattelböcken
Hangen Karabiner schwer.

Um das Feuer auf der Erde
Vor den Hufen seiner Pferde
Liegt das östreich'sche Pikett.
Auf dem Mantel liegt ein jeder,
Von den Tschakos weht die Feder,
Leutnant würfelt und Kornett.
Über seinen müden Schecken
Ruht auf einer wollnen Decken
Der Trompeter ganz allein:
»Laßt die Knöchel, laßt die Karten!
Kaiserliche Feldstandarten
Wird ein Reiterlied erfreun!

Vor acht Tagen die Affäre
Hab ich zu Nutz dem ganzen Heere,
In gehörgen Reim gebracht;
Selber auch gesetzt die Noten;
Drum ihr Weißen und ihr Roten!
Merket auf und gebet acht!«

Und er singt die neue Weise
Einmal, zweimal, dreimal leise
Denen Reitersleuten vor;
Und wie er zum letzten Male
Endet, brüllt mit einem Male
Los der volle kräftge Chor:

»Prinz Eugen, der edle Ritter!«
Hei, das klang wie Ungewitter
Weit ins Türkenlager hin.
Der Trompeter tat den Schnurrbart streichen,
Und sich auf die Seite schleichen
Zu der Marketenderin.

2. Prinz Ludwig von Preußen.

Wie ers in der Schlacht getrieben,
Wie bei Saalfeld er geblieben,
Solches wißt ihr allesamt!
Doch kein Teufel weiß jetzunder,
Wie sein Säbel, Gottes Wunder!
In die Zöpfe einst geflammt!

Auf und laßt die Fahnen wehen!
Anno fünf ist es geschehen,
Anno fünf zu Altenburg!
Prinz Ludwig bei Spiel und Mahle
Saß allda bei Vogt im Saale,
Zechte flott die Herbstnacht durch.

Tat's mit hundert Offizieren;
Trugen allzumal noch ihren
Wohlfrisierten Puderschopf;
Seitenlöcklein, wohlgebacken
Und gekleistet, und im Nacken
Steif und starr den alten Zopf.

Gläser klirrten, Lieder schallten,
Die Champagnerpfropfen knallten –
Dreimal hoch das Hauptquartier!
Tafelmusik rauschte munter,
Meister Dussek mitten drunter
Dirigierte am Klavier.

Ist der Prinz emporgesprungen,
Hat er hoch sein Schwert geschwungen,
Zugelacht dem Freunde dann:
»Hackbrettschläger, jetzt ans Hacken!
Hack den Zopf mir aus dem Nacken!
Heute solln die Zöpfe dran!«

Meister Dussek nahm den Degen,
Tät den Zopf aufs Tischtuch legen,
Auf den Knien lag der Prinz:
Dussek hieb mit scharfem Streiche,
Auf der Tafel lag die Leiche –
Achtunddreißig Jahre sind's!

Tusch! Das fuhr durch alle Köpfe!
Laut scholl's: »Pereant die Zöpfe!«
Das war eine Wirtschaft heut'!
Oberst, Kapitän und Junker
Hieb sich ab den garst'gen Klunker –
Jeder Zopf ließ Haare heut'!

Dieses in dem Preußenheere
Warn die ersten Zöpf, auf Ehre!
Die da abgeschnitten sein!
Zopflos in den lieben Himmel
Rückt' aus Saalfelds Schlachtgetümmel
Ludwig Ferdinandus ein!

Noch im Dreispitz mit der Krempe,
In der Hand die blut'ge Plempe,
Kam er – doch der Zopf war ab!
Drob der alte Fritz erstaunte
Und ihm eine gut gelaunte
Oheimliche Nase gab! –.

Der Armeezopf liegt erstochen,
Jenas Zopf auch ist gerochen,
Doch manch andrer macht sich breit!
Wann zerfetzt uns die ein Retter?
Ludwig, schick' ein Donnerwetter
In die Zöpfe dieser Zeit!


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