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Aloys Blumauer (1755-1798)

1. Lied, an der Toilette der Geliebten zu singen.

Dürft ich, Huldin, dich umfangen
Gleich der Luft, die dich umfließt
Und mit zitterndem Verlangen
Jeden deiner Reize küßt!
Schwebt ich, ach mit Wohlgefallen
Wie dein Genius her um dich,
Willig böt ich dann zu allen
Noch so kleinen Diensten mich.

Gern hielt ich als Wachspomade
Dir die krausen Locken hier,
Oder steckte gar, o Gnade!
Dort im Krepp als Nadel dir.
Wollte gern beim Puderpüsten
Kreiselnd um dein Haar mich drehn!
Oder mit den Kolonisten
Deines Haars spazieren gehn!

Bald erhöht ich dann als Musche
Deiner Stirne blendend Weiß,
Oder wölbte die Kontusche
Dir als ein Parisersteiß;
Prangte dann auf deinem Rocke
Bald als Bändchen oder Knopf,
Ja, sogar zum Haubenstocke
Dient ich dir mit meinem Kopf.

Morgens schlich ich mich, o Liebe!
Dir als Zwieback in den Mund,
Oder machte meine Triebe
Im Kaffee als Milch dir kund;
Färbte mittags dir als guter
Rheinwein deine Wangen rot,
Oder ließe mich als Butter
Streichen auf dein Vesperbrot.

Bald berührt ich armer Schlucker
Deine Nase als Flakon,
Oder diente dir als Zucker,
Wenn du naschest, zum Bonbon!
Spannte dann, gleich Pergamente,
Meine Haut zum Zeichnen ein,
Ach, und wenn du maltest, könnte
Ich wohl gar dein Pinsel sein!

Gern deckt ich in Assembleen
Dir den Busen als Linon
Oder hing in süßen Wehen
Dir am Hals ein Medaillon:
Doch zu meiner Freuden Fülle,
Schönste, wünscht ich mir allein
Unter deines Bettes Hülle
Eine Nacht – ein Floh zu sein!

2. Lob des Flohs.

Du kleiner Nero, Kompagnon der Läuse,
Blutgieriger Tyrann!
Für dich stimm ich nach Meister Fischarts Weise
Nun auch ein Loblied an.
Dein ganz brünetter Teint, so sehr verschieden
Vom Teint der blonden Laus,
Erkor gleich anfangs dein Geschlecht hienieden
Zu großen Taten aus.

Nur deinen Stamm, der stets in ganzen Scharen
Bei Mädchen Wache hält,
Hat die Natur zu tapfern Leibhusaren
Der Jungferschaft erwählt.
Und darum patroullieren auch Schwadronen
Von diesem leichten Heer,
Beständig in den dunkeln Regionen
Des Unterrocks umher.

Nichts schützt die Mädchen, die sich dir verschließen,
Vor deiner Blutbegier:
Die Erstlinge von ihrem Blute fließen,
O Glücklicher nur dir!
Du Springinsfeld bist überall gelitten,
Wo nie ein Mann hin soll,
Und schwelgst dich, gleich der Biene an den Blüten,
Goldner Schönheit voll.

Kein Fleck im ganzen weiblichen Gebiete,
Auch noch so heilig, ist,
Auf dem du nicht schon mit verwegenem Tritte
Herumspazieret bist.
Da ist kein Strauch, wo du dich nicht verstecktest,
Kein Plan, wo du nicht liefst,
Kein Hügelchen, worauf du dich nicht recktest,
Kein Tal, wo du nicht schliefst.

Ja wollte man auch einst rektifizieren
Der Schönheit Lustrevier,
So brauchte man, um recht es zu mappieren,
Nur dich zum Ingenier! –
Nur das verzeihen dir die Schönen nimmer,
Daß stets von jedem Kuß,
Den insgeheim du ihnen aufdrückst, immer
Ein Fleckchen zeugen muß.

Drum lauern stets auf dich auch, loser Näscher,
Entschlüpfst du nicht geschwind,
Bei Tag und Nacht so viele hundert Häscher
Als Mädchenfinger sind.
Doch hascht ein Mädchen auch dich kleinen Springer
Zuletzt in ihrem Schoß,
So ist doch unter einem schönen Finger
Noch neidenswert dein Los!

3. Ode an ein unentbehrliches Möbel.

Du kleiner Sitz, von dessen eignem Namen
Man mit Respekt nur spricht,
Den täglich doch die ekelste der Damen
Besieht und fühlt und riecht,
Du bist der größte aller Opferherde;
Auf deinem Altar nur
Zollt täglich der galantere Teil der Erde
Sein Opfer der Natur.

Du bist der Götze, der selbst Majestäten
Ihr Hinterhaupt entblößt,
Der Freund, vor dem sogar sich ohn Erröten
Die Nonne sehen läßt;
Erhaben setzt, wie auf dem Sitz der Götter,
Der Weise sich auf dich,
Sieht stolz herab und läßt das Donnerwetter
Laut krachen unter sich.

Du bist das wahre Ebenbild der Thronen
Auf diesem Erdrevier,
Denn immer sitzt von vielen Millionen
Ein einziger auf dir.
Du bists allein, den Prunk und Etikette
Selbst mehr als Thronen ziert,
Denn sag, bei welchem Thron wird so zur Wette
Als wie bei dir hofiert?

Worin jedoch von allen Sorgenstühlen
Kein einziger dir gleicht,
Ist dies: auf Thronen sitzt man oft sich Schwielen,
Auf dir sitzt man sich leicht.
Du beutst als Freund den Menschen hier auf Erden
Gefällig deinen Schoß,
Und machest von den drückendsten Beschwerden
Der Menschlichkeit sie los.

Zu dir wallfahrten groß und kleine Geister,
Wenn sie die Milzsucht quält,
Du nimmst von ihnen weg den Seelenkleiste,
Der sie umnebelt hält.
Man sieht dich täglich viele Wunder wirken,
Du bist der Ort, wohin
(So wie nach Mekka die bedrängten Türken)
Die armen Kranken ziehn.

Du bist der Heiltumstuhl, an dem der Kranke
Nie fruchtlos Opfer zollt,
Weil er dafür gewiß mit regem Danke
Sich die Genesung holt.
Du bist der Chef, für den auf seinem Stuhle
So mancher H... schwitzt,
Der Gott, für den so manche Federspule
Des Autors ab sich nützt.

Der Richterstuhl, wo über die Gehirne
Man streng Gerichte hält,
Der Schlund, worein, gebrandmarkt an der Stirne,
So manches Wischchen fällt.
Drum, daß du mich dereinst nicht auch als Richter
Verschlingst mit Haut und Haar,
So bring ich dir, du Erbfeind aller Dichter,
Dies Lied zum Opfer dar!

4. Lob des Hahns.

Verleihe mir nun auch, du aller Hühner
Erlauchter Großsultan,
Ein gütig Ohr, und höre deinen Diener
In hohen Gnaden an!

In deinen starken ungeschwächten Lenden
Zeigt noch die Mannheit sich,
Die ach! entnervt von buhlerischen Händen,
Von Herrmanns Enkeln wich.

Drum sieht auch manches Weibchen, dessen Gatte
Im Bett nur schlafen kann,
Der stolzen Henne Glück auf ihrer Latte
Mit neidschen Augen an.

Drum denket, hört er dich den Tag verkünden,
Itzt mancher Ehemann,
Wie Petrus einst an seine Jugendsünden
Und seufzt: wär ich ein Hahn!


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