Egon Friedell
Kulturgeschichte des Altertums
Egon Friedell

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Zephanja und Habakuk

Das nächste Jahrhundert brachte die langen blutigen Reaktionszeiten unter Manasse, die Prophetie verhüllt ihr Haupt, und erst in Zephanja, um 630, und Habakuk, gegen 600, findet sie ihre Sprache wieder. Zephanjas großes Thema ist der 510 strafende »Tag Jahwes«, aber nicht mehr bloß für sein Volk verkündet er ihn, sondern für alle, und so wurde er zum Sturmvogel der Weltwende, die sich in der Tat bald darauf vollzog. Nahe ist der Tag des Herrn, der große, und seine Füße eilen gar sehr. Ein Tag des Zornes ist er, ein Tag der Drangsal und Bedrängnis, ein Tag der Trümmer und Zertrümmerung, der Wolken und Umwölkung, des Drommetenschalls und Kriegsgeschreis wider alle festen Städte und hohen Zinnen. Da wird der Menschen Blut verschüttet werden wie Staub und ihr Mark wie Dreck. Kein Silber und Gold kann sie retten am Tage des Grimms des Herrn, wenn vor der Glut seines Eifers die ganze Erde zergeht, denn ein Sterben und Verderben wird er anrichten unter allen Bewohnern der Welt.

Habakuk sieht den Untergang der stolzen Hure Ninive bereits ganz nahe und hat ihn wahrscheinlich noch erlebt. In brennenden Farben malt er die Schrecken Assurs, des Räubers, der seinen Rachen aufreißt wie die Hölle und, unersättlich wie der Tod, alle Völker in sich hineinschluckt, herausfischt mit seiner Angel, heraufholt mit seinem Schleppnetz, zusammenrafft mit seinem Garn. Darüber freut er sich und ist guter Dinge und opfert seiner Angel und räuchert seinem Schleppnetz, den Spendern des fetten Fraßes. Aber da »seine Macht sein Gott ist«, muß Macht durch Macht zugrunde gehen.


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