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337. Richard Wagner an Wilhelm Fischer

Aber sage einmal, lieber alter Freund und Bruder, was muß ich von Dir erleben? Wohl wunderte ich mich, bereits so lange keine Nachricht von Dir erhalten zu haben, wie aber erschrecke ich nun auf einmal, einen Brief aus Dresden zu bekommen, worin mir unter Anderm gemeldet wird, auf eine Nachfrage bei Dir nach mir habest Du erwidert, ich (und Heine) gingen Dich nichts mehr an! – Sage mir um Alles in der Welt, ist denn nun wieder etwas vorgefallen? Seit unsrem letzten Rencontre hatten wir uns doch – dächte ich – ganz gut wieder vertragen? Du hattest Deine Meinung geschrieben, ich die Meinige, Alles ist durchaus in Ordnung! Hast Du während dem nun ein Zerwürfniß mit Heine gehabt, das mich mitberührt? Sollte dies ernsthaft sein, so wäre das doch wirklich traurig! Ich weiß aber seit guter Zeit von Euch Beiden nichts mehr. So sag doch, was ist denn los? Du kannst doch nicht glauben, daß ich bei so was ruhig bliebe? Oder wie sollte es möglich sein, daß Du mir auf Deine alten Tage auf einmal noch ernstlich gram würdest? Ich kann es Dir nicht werden!

Also – schreibe mir sogleich! Sonst kann ich Dir auch nicht länger mein Opernbesorgungsgeschäft auf dem Halse lassen. Willst Du Nichts mehr von mir wissen, so kann ich wenigstens nicht mehr als Last auf Dir liegen bleiben, und ein Anderer muß die Besorgung übernehmen. – Aber – sollte es denn wirklich so ernstlich sein?? Ich kann's nicht glauben! Gewiß ist Dir eben gerade einmal nur wieder eine Laus über die Leber gelaufen: Wie oft haben wir Beide nicht schon solches Ungeziefer verspürt. Beruhige mich somit und laß mich nicht länger in der Ungewißheit.

Herzliche Grüße von Minna. Dein Bild ist wohl erhalten und Du siehst darauf viel zu gemüthlich aus, als daß ich glauben sollte, Du würdest mein beiliegendes Bild in blinder Wuth (als Sommernachtstraumlöwe) brüllend zerreißen!

Dein Richard Wagner.

Zürich, 12. April 1853.

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