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135. Lenz an Kayser

(Anfang 1776)

Ich schreibe Dir dieses unter dem Gestürm der Feuerglocken und Feuertrommeln in der Nacht um 4 Uhr. Kayser wenn Du Stollberg schreibst, so sag ihm, ich hätte Lavatern einen Dank für die mir überschikte Freiheitshymne geschrieben, den er ihm noch auszurichten hat. Doch mögt er bedenken, daß ein guter Wein keines Kranzes bedarf, am wenigsten von meiner Thespishand.

Es wird bald ein tüchtiges Geschimpf und Geschmäh über mich in Deutschland los gehen. Kaiser! Willst Du auch von der Parthey sein? Nein lieber Junge, Du hast mich zu lieb, Du hast mich zu lieb, Wenns überstanden ist, so lachen wir doch.

Millern hab ich geschrieben, ich lieb ihn wie meinen Augapfel, er ist zum Poeten geboren. Schick mir Klingers Schauspiel, aber mit Gelegenheit. Ich bin durch meine Correspondenz hier in tiefe Schulden gerathen, die mir auch wacker zusetzen. Das sollte mich freuen, wenn du was von deinen Musikalien hättest drucken lassen und das wär' ich zu sehen am meisten begierig.

In Boyens Monatsschrift kommt eine Schulmeisterchrie in Versen von mir, die dich auch freuen wird. Bester wenn Du doch bei Gelegenheit Dich erkundigen könntest, was aus meinem Petrarch geworden ist. Es wäre der beste Wundstillende Balsam in diesem für mich kritischen Zeitpunkt um des Publikums Wuth gegen mich ein klein klein wenig zu besänftigen.

Grüße Lavatern.

Lenz.

Auch kommt bei Gottern ein neues Lustspiel nach dem Plautus von mir zum Vorschein, worin ich dem Faß vollends den Boden ausschlage. Es muß dießmal bauen oder brechen auf immer. Ich bin zu allem Gefaßt. Unser aller Freiheit hängt vom Petrarch ab.

Wie schön man eben vom Münster ein Danklied abbläst. Das Feuer war gerade der Kirche gegenüber und ist Gottlob! glücklich gelöscht. Herr Gott dich loben wir.

Frage doch Lavatern, ob er mein letztes Briefgen erhalten hat, in dem von der Physiognomik die Rede war. Ich gab ihn Jemanden bis Basel mit, dessen mir bekannte Nachlässigkeit mir itzt Sorgen macht.

*


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