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38. Gleim an J. G. Jacobi

Halberstadt, 15. April 1768.

Wieder schlafloß war die letzte Nacht, mein liebster Freund, und Träume hatt' ich, wie sie nie ein glücklicher Mensch, der einen Jacobi zum Freunde hat, haben sollte, schwarze heßliche Träume; zornig auf den Gott des Schlafes stand ich auf, so bald die Sonne mir ins Fenster lächelte. Den schönsten Frühlingstag zusehen, kont ich mir versprechen, geschwind warf ich um vier Uhr mich in die Kleider und gieng – eh ich gieng, was dacht ich, mein liebster? ich dachte! wäre nun mein Jacobi schon hier, so wecktest Du ihn auf, mit dir zugleich müßt' er den schönsten Frühlingstag sehen – und gieng einsam allein mit diesem Gedanken den ganzen langen Weg bis zu den Spiegelsbergen, dachte den guten Herrn deßelben zu finden oder zu erwarten, fand ihn aber nicht und umsonst erwartet' ich ihn. Nun war ich allein, nicht ganz; Greßet war bey mir! Der schönste Frühlingstag war nicht zu sehen! ich sahe

praecipitem Africum
Decertantem aquilonibus.

Ein Caminfeuer wurde, nein, noch wurde es nicht angelegt, erst gieng ich noch einmal hinaus und sähe nach meinem lieben Halle hin und sprach mit meinem lieben Jacobitchen; schreibe ich ihm heute, dacht ich, dann sage ich ihm: den Montag früh um fünfe bin ich wieder auf den Spiegelsbergen, denn in derselben Stunde von fünfen bis zu sechsen denk an Deinen treuen Gleim, mein liebes Jacobitchen dann sitzt er auf den Spiegelsbergen und schreibt ein Briefchen an Dich, oder singet Dir ein Liedchen ...

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