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295. Christian Dietrich Grabbe an Immermann in Düsseldorf

Hochgeehrter Freund!

Ich komme. Binnen wenigen Tagen bin ich da. Meine Menschenkenntniß betrog mich nicht. Ich hielt Sie für ernst, fest und treu nach Ihren Werken, nach Ihrem Gesicht. Hinter solchen Mauern wohnt grade der Edelsinn. Mit dem Stübchen und 6-7 Thaler monatlich bin ich zufrieden. Nein, ich bin mehr als das, ich bin erfreut, und da entstehen jedesmal neue Ideen bei mir, wie Blumen unterm Maischauer. Nämlich: Sie, Uechtritz und ich, sollten wir nicht nach Art der alten Engländer und der neuen Franzosen (Shakspeare und Johnson, Fletcher und Beaumont, Scribe und Consorten) gemeinschaftlich eine Comödie, oder gar Tragödie bilden können, worin jeder seine Partieen und Charaktere ausmalte, jedoch unter der Bedingung, uns wechselseitig zu kritisiren und auszubessern! Dieses Triumvirat würde gefallen, auch von Verlegern und vom Theater belohnt werden. – Dem Ernsten, was jeder für sich behalten will, oder ebenso dem Komischen (was auch oft eine Maske, wohinter ein trauriges Gesicht steckt) schadets nicht. Es wird in der Stille desto besser ausgearbeitet, um zum Wetteifer mit dem Gemeinschaftlichen verglichen zu werden.

Der Buchhändler Schreiner wird wohl mit meinem Hannibal zufrieden seyn. Ich kann ihm denselben aber nicht überschicken, weil ich keine Zeit habe, ihn abschreiben zu lassen. Ich bringe ihn mit. Schlecht muß er nicht seyn, quia mir zwei Scenen daraus gestohlen sind, und man stiehlt doch keine Kröten, sondern eher Gold.

Ihr
Grabbe.

Frankfurt a. M., 28. Nov. 1834.

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