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86. Schubart an Johann Martin Miller in Ulm

Memmingen den 17ten Aug. 1775.

Bester Miller,

Hier am Pulte meines Freundes, des Prediger Schellhorns, der Sie bewundert und liebt, siz ich und schreibe diß Briefchen an Sie, herziger Minnesinger. – Gestern giengs hoch her, wie an Abrahams Tafel im Himmelreich. Das ganze Patriziat, die Geistlichkeit, alle Ehrenleute waren versammelt, gaben mir ein Traktament und Herr von Wächter fragte (denken Sie nur!) »Ist Miller schon da?« – Jesus ia! sagt ich, und war schon bei mir, und hat mich gern, und trägt ein rundes Haar und hat ein allerliebstes seelenvolles deutsches Gesichtgen, und raucht Tobak, und hat ein Herz so weich, so gefühlvoll wie seine Muse, und guckt gern zum Mond 'nauf und ist – Hopsa Mariandel! – ist mein Freund. Was der Schubart vor eine wichtige Mine machte, als er dieß sagte. – Raks, giengs zum Flügel, man sang

Das ganze Dorf versammelt sich etc.

es flossen Thränen von den zwei schönsten weiblichen Gesichtern, die ich iemals sah (der Fr. v. Herrmann und der Fr. v. Wachter) – 'n Glas her! es lebe der Miller! es lebe Klopstock! – und hinten drein, es lebe ('s thut mir noch wohl) es lebe Schubart!

Bin mit der Welt recht z'frieden, goldiger Miller, 's sind gar liebe Leut drinn – und die hab' ich fürchtig lieb und mit den Schurken hab' ich Mitleid.

Auf'n Sonntag seh' ich dich, Miller, Mann nach meinem Herzen. – Möchtest mir nicht ein Liedlein in meine Chronik schenken? das arme Vieh hat ietzt kein Futter. Bist'n guter Junge. Wirsts wohl thun.

Es lebe

Bachmaier!
Wolbach!
Köhler!

und wen d' lieb hast. Schellhorn umarmt Sie und ein Mädchen – d' Hand aufs Herz und gen Himmel geblikt.

Bin von Ewigkeit zu Ewigkeit
ganz Ihr Diener
Schubart.

*


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