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190. Müller an Bonstetten

Genthod, den 3. Febr. 1777.

– ... Von Euch, Geliebter, fordere ich ein anderes Opfer: »kaum reichen meine Kräfte hin, mein Leben zu erhalten!« Was willst Du denn ausser Deinem Freund, Deinem Genie? Opfern Sie mir die unwürdigen Traurigkeiten, welche Ihr Leben fressen. Wie kömmt es, daß unter allen Freunden seit Anbeginn der Menschen allein Sie nie Linderung suchen im Busen der Freundschaft? nie Ihre Klagen mir bekannt machen? nie Balsam von mir fordern? »Willst auch Du mich betrüben!« fraget Ihr mich. »Willst denn Du mich ermorden?« kann ich Euch fragen. Ihr, der mich kennet, wisset Ihr denn nicht, was mein Leben ohne B. wäre? oder glaubet Ihr, ich möchte leben nach Euch? Ich gebiete Euch, sobald die Landvogteyen gezogen sind, nach Valeires zu gehen; dann, wo möglich, kommet und holet mich, oder rufet mir sonst! Was ist denn die Tugend und Eure so geliebte Philosophie, wenn sie Euch nicht stählt gegen die Menschen! Das höchste Gut ist die Unabhängigkeit: und die bestehet nicht in dem, daß jemand aus seinen Renten lebe, sondern in dem, daß jeder von den Irrthümern der Menschen unabhängig sey, und auch sich, wenn es nöthig ist, besiegen könne.

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