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87. Schubart an Philipp Christoff Kayser

Ulm, den 1. Nov. 1775.

Soll ich Millern fortlassen, ohne ihm einen Brief an Kaisern mitzugeben, an den Mann, dem ichs gleich vors erstemal untern Bart sage, daß ich ihn hochschätze und liebe? Was habens wir beide nöthig, unsern Briefen den Schwanz reichsstädtischer Titulaturen anzuhängen? Sie sind ein braver Mann und heißen Kaiser und ich bin auch kein Sch-kerl und heiß Schubart. Sehen Sie, das ist die ganze Ceremonie, die wir ins Künftig zu beachten haben. – Sie sind ein Musikus, setzen mit großer Erfindung, sind immer auf Reissen, sammeln Erfahrungen – Tausendsakerment, so schreiben Sie mir doch auch was aus der Fülle Ihrer Kenntnisse! Bin gewiß 'n lehrbegieriger, fühlender Junge; hab auch was gesehen in der Welt und schlag Ihnen 's Klavier nicht närrsch, sollte also wohl verdienen, daß Sie mich zuweilen mit musikalischen Beiträgen zu meiner Chronik erfreuten.

Auch Ihre Gedichte verdienen Lob. Potztausend! wie's Ihnen von Herzen fließt, gen Himmel steigt und zu uns 'runterlangt; alles so innig, so heiß, so petrarchisch, daß einer 'n Perrückenstock sein müßte, wenn er's nicht fühlte.

Aber Miller mags Ihnen sagen, daß Sie unter meine Herzkäfer gehören. Also kein Wort weiter! Gehen Sie zu Ihrem Miller und küssen Euch, daß es im Bart rasselt. Stoßen an und trinken aufs Wohlsein der Freiheit! der Wissenschaft! der Kunst –

heilige Musika, du bist die schönste und aufs Wohlsein –
Ihres
gehorsamsten Dieners und Verehrers
Schubart.

N. S. Sie geben doch Millern einen Brief an mich mit? und schreiben mir oft? und haben mich lieb? Bin kein übler Kerl, hab 'en Bauch, wie'n Schulz.

*


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