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40. Gleim an Johann Arnold Ebert

Halberstadt den 27. Apr. 1769.

Sie glauben es nicht, mein liebster Freund, wie sehr ich mich fürchte, vor Ihre Augen zu kommen. Mit einem recht süßen Schreiben erfreuten Sie mich, und ich blieb die Antwort Ihnen schuldig! welch Verbrechen! einem Ebert, die Antwort schuldig! Ich schwör' es Ihnen, mein Liebster, aus Blödigkeit, aus keiner andern Ursach; einen gar seinen hübschen Brief wolt ich meinem Ebert schreiben, von meinen izt geliebten kleinen Versen wolt ich ein Pröbchen ihm geben, leider fehlt es mir immer an Zeit, und hinschlaudern, erlauben Sie mir immer dieses Wort, wolt' ich es nicht, darüber kam ich in die große, meinem Herzen so schwerfallende Schuld! Wie soll ich endlich sie tilgen? Mit diesem elenden prosaischen Briefchen? Es ist kaum anders möglich! Sie müßen, mein lieber Ebert, sie müssen mit mir ins Gleiche sehen! Sie glauben es nicht, was für ein geplagter geschäftiger Mensch ich bin! Da trink ich, zwar izt ein wenig müßiger, auf hohen Befehl, die frischen Kräutersäfte, mit Molken, aber ich soll dabey nicht schreiben, nicht lesen, nicht denken, wer kann es laßen? wer kann es lassen wenn er an Ebert schreibet, von den Werken unsrer großen Geister mit ihm zu sprechen? von Hermanns Schlacht, von den fünf neuen Gesängen des Meßias, denn mehr neues von der Messe habe ich noch nicht, und diese Werke habe ich mit Entzückung gelesen! In Hermanns Schlacht sind zum Aufführen der Barden Gesänge zu viel, zum Lesen nicht genug! Welch ein simpler alter fürtreflicher Ton in der Prosa, die ich in keinem Trauerspiele noch erträglich fand! ...

(Ihr ewig getreuer Freund)
Gleim.

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