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237. E. T. A. Hoffmann an Theodor Hippel

Dienstag, den 7. Dezember 1794.

Dein lieber Brief, den ich heute erhielt, hat mir vorzügliche Freude verursacht, denn ich schließe aus demselben, daß jene wohlthätige Heiterkeit, die uns allein uns das Schätzenswerthe des Lebens fühlen läßt, sich auf deinen Geist hinabgesenkt, und das nächtliche Geschwader finsterer Launen und marternder Vorstellungen verscheucht hat. – Vielleicht ist auch ein Theil der süßen Schwärmerei, der Schöpferin mancher recht glücklichen Feierstunden, mit verloren gegangen, und Dir vielleicht also in dieser Rücksicht ein hoher Genuß geraubt; Du darfst aber gewiß über diesen Verlust nicht trauern, denn dem hohen geistigen Genuß fehlt insgeheim Dauer, und unser Geist, unsere Phantasie fühlt eine widrige Erschlaffung, und wohl gar manchmal unser Herz eine unbehagliche Leere, wenn er vorüber gegangen ist. Wir vertauschen also gern jenen hohen Genuß, den Schwärmerei verursacht, mit einem minder hohen, aber dauernden, der nur eine wohlthätige, nie mit Nachwehen verknüpfte, Empfindung in uns hervorbringt. – Sollten wirklich meine Briefe, durch das Gepräge eines frohen, unbefangenen Geistes, daran Theil haben, so würde dieß Verdienst um Dich, davon der Gedanke so sehr mit der Freundschaft, die ich gegen Dich lebhaft empfinde, harmonirt, mich noch viel zufriedener und froher machen. – Daß du Dich durch Deine häufigen langen Briefe sehr bei Tante und Onkel, in Rücksicht der Freundschaft gegen mich, in Credit setzest, kann ich Dir auch beiläufig sagen. Beide schließen aus kurzen Briefen auch auf kurze Freundschaft, mag übrigens vielleicht anthropologisch richtig seyn, nur muß denn doch wohl immer unterschieden werden, in wie fern es möglich oder nicht möglich war, lange Briefe zu schreiben. Uns beiden möchte es wohl immer möglich seyn, wenn kein Bote als Exekutor dasteht, und lauernd über die Schulter sieht, ob man nicht bald nach der Sandbüchse greifen wird, die er wohl gar schon in der Hand hält, um sie sogleich zu reichen, wenn er nur irgend die Begehr darnach in unsern Augen zu lesen glaubt. Daß ich Dir so ganz im Gange der Rede eine Schilderung in nuce von Deinem pausbäckigen, dickbeinigten Merkur gemacht habe, wirst du wohl sogleich geahnet haben; Du kannst dir gar nicht denken, mit was für Bereitwilligkeit er Briefspediteur ist. Je dicker der Brief ist, den er mir bringt, desto freundlicher ist seine Miene, und als ich ihm heute das dicke Paquet gab, blinzelte er mit den Augen, zog den Mund fast bis an die Ohren hinauf, und es erschallte ein dreimaliges seines Hihi, so daß der arnau'sche Mäusekönig unmöglich harmonischer lachen kann. – –

Lebe wohl! – Adieu, Adieu, Adieu!

Ewig dein Freund
H.

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