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30.

(An sein Vaterland.)

So lebe wohl mit allen Spöttern,
Du ehmals werthes Vaterland!
Du trotzest bei so nahen Wettern,
Ich wünsche dir nur auch Bestand.
Was hat dir wohl mein Geist zu danken?
Verfolgung, Schande, Neid und Zanken
Und Freunde, die kein Flehn gewinnt.
Ja müst' ich heute bei den Drachen
Gefährliche Gesellschaft machen,
Sie wären gütiger gesinnt.

Ich komme durch dein scheinbar scheinbar, das den Anschein der Wahrheit hat. Lügen
Um Gönner, Glauben, Ehr' und Freund,
Mein Seufzen kann dich nicht vergnügen,
So lang es auch erbärmlich weint.
Ha! Unbarmherzige Leäne,
Belohnst du so den Fleiß der Söhne?
Ist dieses die Erkenntlichkeit
Vor so viel Wachen und Studieren,
Nur dich mit Ruhm und Nutz zu zieren?
O falsche Welt, o grobe Zeit!

Gesetzt, ich hätte mich vergangen,
Wo läßt die Mutter so ein Kind,
Das endlich mit bethränten Wangen
Die rechte Straße wieder find't?
Es sei dein Irrthum oder Tücke,
Gnug, daß dein Zorn mein künftig Glücke
Durch solchen Grund zu Schanden macht;
Du schmähst mich nicht allein im Staube,
Du hast auch gar von meinem Raube
Den Frevlern Vorschub zugebracht.

Wohlan! So reize selbst die Waffen,
Die Wahrheit und Verdruß regiert;
Wer sind die meisten deiner Pfaffen,
Von welchen all mein Unglück rührt?
Wer sind sie? Lästrer, faule Bäuche,
Tartuffen, Zänker, böse Schläuche
Und Schwätzer, so die Wahrheit fliehn,
Beruf und Gott im Beutel tragen,
Sich täglich um die Kappe schlagen,
Und Weib und Pöbel an sich ziehn.

Du hegst Betrug und Aberglauben,
Den aller Weisen Freiheit haßt:
Der Rabe jauchzt, man würgt die Tauben,
Der Reiche spott't der Armen Last.
Was thun die unbeschnittnen Juden?
Sie brüsten sich in theuren Buden
Und schielen höhnisch in die Quer,
Als wenn, Gott geb, ein Bursch ihr Diener,
Der Mauerpfeffer aber grüner
Als unser Musenlorber wär.

Die Klügsten sitzen an dem Zolle,
Verrechnen Leben und Vernunft:
Was kost' das Heu? Was gilt die Wolle?
So spricht man in Zusammenkunft.
Was sag' ich von dem Frauenzimmer?
Ihr Schönsein ist nur Farbenschimmer,
Sie heißen keusch, sie sind nur dumm,
Und die noch etwas Grütze führen,
Die kehren stets vor fremden Thüren
Und nehmen alles blind herum.

Dieß seh' ich vor gewisse Zeichen
Vom Greuel der Verwüstung an;
Wo Kunst und Weisheit einmal weichen,
Da ists um Aller Heil gethan.
Ja, steckten nur nicht hin und wieder
Noch wenig treu' und kluge Brüder,
So spräch' ich: Land, du bist nicht werth,
Daß so ein Karl dein Glück erhebet,
Und daß du einen Kopf erlebet,
Der dich durch unsre Kunst verklärt.

Ich fürcht', ich fürcht', es blitzt von Westen,
Und Norden droht schon über dich;
Du pflügst vielleicht nur fremden Gästen,
Ich wünsch' es nicht. Gedenk' an mich!
Du magst mich jagen und verdammen,
Ich steh, wie Bias Bias von Priene. Als er nach der Eroberung seiner Vaterstadt nichts von seinen Schätzen mit sich nahm, sagte er: Ich trage meinen ganzen Besitz bei mir. bei den Flammen,
Und geh, wohin die Schickung ruft.
Hier fliegt dein Staub von meinen Füßen,
Ich mag von dir nichts mehr genießen,
So gar nicht diesen Mund voll Luft.


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