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24.

(Beruhigung sein selbst und seines guten Freundes.)

Je schärfer Streit, je größer Lob.
Das Unglück scherzet ziemlich grob
Und dehnt uns stets die theuren Jahre.
Jedoch, mein Freund, ergieb dich drein,
Ist Tugend nicht verlegne Waare,
Wird endlich unser Fleiß auch unser Joseph Joseph, der seine Brüder aus der Noth errettete. sein.

Wo liebt ein Mensch sein eignes Weh?
Ich lieb' es, daß ichs dir gesteh,
Und bin der Noth recht hoch verbunden:
Sie war der Anfang unsrer Treu,
Und daß ich dich, mein Freund, gefunden,
Das macht dein süßes Kreuz, der Schickung Tyrannei.

Laß die betrübt und traurig sein,
Die ohne Mitgenossen schrein
Und keinem als sich selber klagen.
Wir haben Wollust durch den Schmerz
Und können noch vom Glücke sagen,
Denn was der eine fühlt, das trägt des andern Herz.

Wir klagen thöricht über Noth;
Denn wird uns unser täglich Brot
Gleich schwer und kärglich zugemessen,
Man wird doch endlich immer satt,
Und wenn uns auch die Sorgen pressen,
Kommt oft doch auch ein Tag, der Trost und Lindrung hat.

Laß hören, was dich gar so kränkt.
Daß niemand Gutes von uns denkt?
Wer ist der Niemand? Grobe Leute.
Das ist uns wahrlich schlechte Schmach,
Sie sehn uns auf der linken Seite
Und sinnen weiter nichts als auf die Kleider nach.

Wir sind so gut als vogelfrei
Und müssen vor der Heuchelei
In dem und jenem Winkel stecken;
Die Vorsicht nimmt uns doch in Acht
Und läßt uns keinen Fluch erschrecken,
Der jenes reiche Volk im Marmor furchtsam macht.

Wir tragen unsre Schätze mit,
Die Weisheit folgt uns Schritt vor Schritt;
Komm, laß uns in die Wüsten reisen!
Bist du, getreuer Freund, dabei,
So will ich in der That beweisen,
Daß auch ein Hirtenhaus mein schönstes Leipzig sei.

Ist keine Stunde durch den Tag,
Da unser Kummer ruhen mag,
So sind die Nächte voll Vergnügen;
Wenn unser Feind im Traum erschrickt,
Und Neid und Spötter schnarchend liegen,
Wird unsre Redlichkeit durch Wissenschaft entzückt.

Wir brauchen Geld; verlang es nicht.
Der Himmel weiß, wie viel gebricht,
Er muß uns doch die Nothdurft geben;
Er muß, er kann, er wirds auch thun.
Du weißt, daß Glück und Lust zum Leben
Mehr auf Zufriedenheit als Ueberfluß beruhn.

Das Absehn unsrer treuen Müh
Ist, daß sie Gott zu Ehren blüh
Und unserm Nächsten einmal nütze;
Gelingt es nicht, getreuer Freund,
So sei dieß unser Trost und Stütze:
Wir thun nach unsrer Kraft und habens gut gemeint.

Es bleibt wohl auch nicht immer so;
Oft keimen Körner in dem Stroh
Und Gräser aus dem dürren Sande;
Wo ist ein Blitz, der ewig glimmt?
Wer weiß, in welchem guten Lande
Der Himmel einen Herd vor unser Heil bestimmt?

Sieh jeden Sturm, der kommen kann,
Vorher mit Großmuthsaugen an;
Und ist er da, so steh wie Mauren.
Ich zieh dich mit in viel Gefahr,
Doch hast du wenig zu bedauren,
Die Treue baut dir schon ein ewig Dankaltar.

Ich weiß, wofern auch nur ein Blatt
Von meiner Müh das Glücke hat,
Der Nachwelt Urtheil zu empfinden,
So wird noch mancher heimlich flehn:
Ach, hätt' ich doch nur das Verbinden
Der Brüder solcher Art mit Augen angesehn!

Ihr Seelen, deren Freundschaftsbund
Aus gleicher Lieb' und Treu entstund
Und deren Nachruhm noch nicht schweiget,
Ich seh, wie euer kleines Chor
Schon längst am Ehrenhimmel steiget,
Und bitte: Zieht auch uns in euren Kreis empor!

Der Ehrgeiz treibt mich von Natur
Auf großer Geister Weg und Spur,
Ein weit Gedächtniß zu erlangen;
Erhebt euch durch Verstand und Schwert:
Ich will mit keinen Lorbern prangen,
Als die mir Lieb' und Treu durch Schubarten gewährt.


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