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17.

(Bei der Wiederkunft der Nacht, den 2. April 1720 in Lauben.)

Ach, kann Natur und Jahr dich ja nicht ganz vermissen,
So schleich doch unvermerkt, du sonst beliebte Nacht,
Und laß mich jetzt nur nichts von Lust und Schweidnitz wissen,
Bis daß ein beßrer Stern die Ankunft froher macht.
Ich bin ja nicht geschickt, dich würdig zu empfangen,
Ich kann dir nicht wie sonst, mit Wein entgegengehn;
Du siehst den Tempel an, er ist mit Flor umhangen,
Und vor dem Perlenschmuck gesalzne Thränen stehn.
Ich kenne dein Verdienst so gut als meine Pflichten,
Du hast mir auf der Welt den größten Wunsch erfüllt,
Und da fast alles schwur, den Anschlag zu zernichten,
Mit Leonorens Gunst viel süße Furcht gestillt.
Der Sieg, den Hochstädt gab, gebar viel Jubelpsalmen,
Doch dacht' ich, als mein Flehn die Schönheit überwand:
Eugen und Marlborugh, behaltet eure Palmen,
Die Liebe wirft sie mir viel reicher in die Hand;
Die Beute, so euch schmückt, ist oft verbannte Waare,
Der Lorber und der Ruhm mit Blut und Zorn befleckt.
Ihr rühmt des Friedens Frucht, ja wartet wenig Jahre;
Wer weiß, wie bald der Wurm in ihrer Blüte steckt!
Mir flicht die Ehrlichkeit die immer grünen Kränze,
Die Wollust kluger Treu ist über allen Werth,
Der frische Myrtenzweig, in dem ich heute glänze,
Verlacht den Blitz, der oft in eure Lorbern fährt.
Die Hoffnung triumphiert auf Leonorens Küssen,
Wozu der volle Mund bequeme Lippen trägt,
Von nun an ist sie mein und wirds auch bleiben müssen,
So lange sich noch Blut in Beider Adern regt.
Die Ferne zeigt mir schon mein Paradies auf Erden,
Und ob es gleich mein Fleiß noch sieben Jahr verschiebt,
So sollen diese doch zu einzeln Tagen werden;
Was fällt wohl einem schwer, der solche Rahel liebt?
Sie wird mir auch entfernt die Sorgen leichter machen,
Ihr Bildniß wird ein Trieb zu Kunst und Weisheit sein,
Und wenn Vernunft und Sinn bei klugen Schriften wachen,
Den Geistern und der Lust viel Nahrungssaft verleihn.
Gelang' ich auch hernach zum vorgesteckten Ziele,
So wird mein süßer Lohn in ihrem Schoße ruhn,
Da soll die Zärtlichkeit von unserm Liebesspiele
Der Jugend Blumen streun, dem Alter gütlich thun.
Schau, segensvolle Nacht, wie viel du mir gewonnen!
Doch glaube dieß dabei, du kommst mich hoch zu stehn.
Was hab' ich nicht geseufzt, gedichtet und gesonnen!
Wie öfters must' ich nicht zu Bette wachen gehn!
Und durft' ich auch darum nicht erst Philister schlagen,
Noch dieß mein goldnes Vließ von Drachenglut befrein,
Ich muste dennoch wohl viel schwere Streiche wagen;
Wer kennt, was Lieben ist, der weiß auch dessen Pein.
Was ist es nicht vor Qual, dreiviertel Jahr zu schweigen,
Wenn Gegenwart und Wort die stumme Lieb' erhitzt?
Wie viel bedarf es Kunst, die Flammen recht zu zeigen!
Was fühlt man, wenn das Knie dem andern näher sitzt?
Jedoch ein Augenblick macht aller Müh vergessen;
Ja, segensvolle Nacht, dieß that dein Augenblick.
Ich kann das süße Wort nicht oft genug ermessen:
Behalt, mein Kind, das Herz, ich will es nicht zurück.
O segensvolle Nacht! Nun zieh' ich dir zu Ehren
Den Mond der Sonnen vor, so blaß er immer scheint,
Dein Schatten müsse nichts von Mord und Schrecken hören,
Und was geboren wird, das sei dem Glück vereint!
Dein helles Abendroth begleit' ein froher Morgen,
Dein Thau sei Engelbrot, dein Einfluß Fruchtbarkeit,
Es schände dich kein Geiz mit ungerechten Sorgen,
Dein Denkmal dringe sich durch aller Zeiten Zeit,
Dein freundlicher April sei Herr von deines gleichen!
Verliebte, zählt von ihm des Jahres Cirkellauf!
Er laß' ihm Herbst und Lenz Geschmack und Farben reichen,
Und thu dem Namen nach des Jahres Vorrath auf!
Nach jener, die vor dem das Licht der Welt gegeben,
Bist du mir allemal die schönste Finsterniß.
O, warum fing ich doch in dir nicht an zu leben!
Es war ein kurzer Raum, der diesen Wunsch zerriß.
Ich feire Jahr vor Jahr in dir das Fest des Bundes
Und opfre, was und wie Gelübd' und Recht versprach,
Mit Bechern auf das Heil des allerliebsten Mundes,
Aus dem das freie Ja mit keuschem Zittern brach.
Nur heuer weiß ich dich nicht würdig zu empfangen,
Hier wo ich Fremdling bin, und Noth Kalender macht;
Das Glücke sündigt nur, nicht aber mein Verlangen,
Drum schleich nur unvermerkt, du sonst beliebte Nacht!


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