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14.

(An die Phyllis. Von Liegnitz aus.)

Willst du zürnen, liebstes Kind,
Ach, so zürne mit dem Glücke,
Dessen Unrecht, Zorn und Tücke
Unsrer Trennung Ursach sind;
Zürne gar mit meinem Herzen,
Das vorhin in Stücken bricht,
Ich verbeiße gern die Schmerzen,
Fluche nur der Liebe nicht!

Fluche nur der Liebe nicht!
Was dein zärtlich Fleisch erduldet,
Hat sie wahrlich nicht verschuldet,
Ob es gleich die Misgunst spricht;
Mein Verhängniß, nicht dein Küssen
Hat dich in den Gram gesetzt,
Der mein redliches Gewissen
Zwar betrübt, doch nicht verletzt.

Daß du mir als meine Braut
Auf ein keusches Widerstreben
Seele, Geist und Brust gegeben,
Und mir, was du hast, vertraut,
Ist so wenig eine Sünde,
Als mein Kuß ein Judaskuß,
Ob ich gleich von meinem Kinde
Unverhofft entrinnen muß.

Glaube, daß ich mir dein Weh
Und der Thränen Meng' und Schärfe
In mir selbst mit Angst entwerfe,
Wenn ich jetzt zurücke geh
Und den süßen Bund bedenke,
Den wir bei erfolgter Nacht
Ohne Kuppler, List und Ränke
Mit Entzückung fest gemacht.

Was vor keusche Zärtlichkeit
Sog ich aus dem lieben Munde,
Dem es etwan diese Stunde,
Aber mir zur Angst, gereut!
Was vor hitziges Entzücken
Gab nicht dort die Jahrmarktslust,
Wo du mich mit nassen Blicken
Um das Thor verlassen must!

Himmel, ach, gedenk' ich dran,
Was ich damals vor Gelübde,
Als uns Neid und Spott betrübte,
Und wie viel ich sonst gethan.
Du erhörtest auch die Liebe
Und bedrohtest die Gefahr,
Die bei unserm heißen Triebe
Anfangs zu besorgen war.

Nunmehr hatt' ich schon die Ruh.
Hoffnung, Sehnsucht und Verlangen,
Dich nun völlig zu empfangen,
Eilten nach dem Hafen zu.
Phyllis flocht bereits die Myrten,
Aber, ach, du Donnerwort,
Eh sie noch mein Haupt umgürten,
Muß ich sonder Abschied fort!

O, wie manche, manche Nacht
Wird mir noch auf harten Kissen
Diese Glieder wälzen müssen,
Die du einmal hoch geacht,
Die du sonst so schön gepriesen
Und so zärtlich angedrückt,
Daß es noch die Abendwiesen
Und den jungen Hain erquickt!

Sprich verächtlich, fluche, schilt,
Reiß, verbrenne meine Lieder;
Rufe deinem M... wieder,
Der vielleicht noch immer gilt!
Laß dir nichts mehr von mir taugen,
Ja, verfolge mich mit List:
Phyllis bleibt in meinen Augen,
Was sie stets gewesen ist.

Himmel, der du mich erkennst,
Ter du alles siehst und richtest,
Der du alles weißt und schlichtest,
Der du bindest und zertrennst,
Werd' ich nicht von deinem Schlusse
Mit Gewalt davon gejagt,
O, so werde meinem Fuße
Ewig seine Ruh versagt.

Ja, ich sage, macht der Tod
Meiner Brust mehr Furcht und Plage,
Als ich ihrentwegen trage,
Da ihr manches Wetter droht:
O, so werde mein Geblüte
Nach und nach durch Gram verzehrt;
Doch ich weiß schon, mein Gemüthe
Ist wohl etwas Bessers werth.

O, wie manch galantes Kind
Wird mit mir noch Mitleid haben,
Wenn wir beide längst begraben
Und mehr Staub als Knochen sind!
O, wie manche wird das Leiden,
So du meinetwegen fliehst,
Als ein rühmlich Kreuz beneiden,
Dem du dich aus Groll entziehst!

Schreckt dich nun mein Elend ab,
Und versagst du mir auf Erden
Alle Hoffnung, dein zu werden,
So erwarte nur mein Grab.
Nachmals sollst du sehn und hören,
Doch vor dich bereits zu spät,
Daß auch die mein Lob verehren,
Die mich jetzt aus Neid geschmäht.


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