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32.

(Philimen an Selinden, als sie ihm untreu wurde.)

Bleib, wer du bist und willst, Selinde!
Ich bleibe gleichfalls, wer ich bin.
Dein Herz besteht wie Rohr am Winde;
Dafür bedankt sich nun mein Sinn
Und wünscht dir zu der guten Zeit
Nichts weiter als Beständigkeit.

Du hängst dich, wie ich seh', an alle,
Und siehst das Herze nicht mehr an,
Ich geh' und räume räumen, weichen, ausweichen. deinem Falle.
Er kommt, der Hochmuth kommt voran,
Spott aber, Reue, Gram und Schmach
Folgt wie der Rauch dem Brande nach.

Eh soll der Himmel Bäume tragen,
Und unser Queis Queis, Nebenfluß des Bober. voll Flammen stehn,
Als jemand auf der Erde sagen:
Selinde läßt den Philimen!
Besinnst du dich noch auf die Nacht,
Die dieser Schwur vergnügt gemacht?

Nun grüne, lieber Himmel, grüne,
Und gieb dem Queise deine Glut,
Damit es der zur Ausflucht diene,
Die wider ihr Gesetze thut
Und, wo kein Wunderwerk geschieht,
Der Rache nimmermehr entflieht!

Mit was für Ruh' und für Gewissen
Gedenkst du, falsches Kind, der Lust
In fremden Armen zu genießen,
Wobei du allzeit fürchten must,
Jetzt trenne Donner, Blitz und Streich
Kuß, Mund und Herzen unter euch?

Ein andrer würd' es wünschen können,
Ich aber bin nicht aufgelegt,
Den Feinden meinen Zorn zu gönnen;
Die Liebe, so mich treibt und regt,
Läßt fahren, was nicht bleiben will,
Und schweigt wie fromme Kinder still.

Genug, daß du dich selbst betrogen
Und etwas wider dich gethan!
Bedenk', ich war dir so gewogen,
Als keiner ist und werden kann,
Ich zeigte dir durch wahre Treu,
Was Leben und was Lieben sei.

Die Eintracht zwei vertrauter Herzen
Macht aus der Welt ein Himmelreich,
Ihr reiner Kuß verbeißt den Schmerzen,
Ihr Auge kommt der Sonne gleich,
Die Wolk' und Regen um sich sieht,
Und doch davon nichts in sich zieht.

Den Vorschmack hast du schon genossen,
Betrachte Felsen, Bach und Wald,
Wo ich dich oft in Arm geschlossen,
Und unser Scherz noch widerschallt;
Die Vögel wurden selbst erweckt
Und durch Exempel angesteckt.

Du wustest damals vor Vergnügen
Oft selbst nicht, wo dein Herze wär;
Du bliebest vor Entzückung liegen
Und sagtest, deucht mich, ohngefähr:
Kind, daß mich nicht der schöne Tag
An deiner Brust entseelen mag!

Ich mag nichts mehr davon gedenken,
Sonst leid' ich mehr dabei, als du;
Die Zeit weiß alles so zu lenken,
Damit sie keinem Unrecht thu,
Und wird vielleicht zu deiner Pein
Bald zwischen uns ein Richter sein.

Ich übergeb' ihr meine Rache,
Die doch nicht weiter um sich faßt,
Als daß sie bald zu Schanden mache,
So viel du Schönes an dir hast,
Bis daß Selinde nicht mehr ist,
Was du anjetzt, Selinde, bist.


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