Julie de Lespinasse
Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse
Julie de Lespinasse

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190.

Mittwochs, vier Uhr. [Februar 1776.]

Mein lieber Freund, ich, ich bin unglücklich! Sie sind bloß krank, aber ich, ich bin des süßesten Trostes beraubt: Sie zu sehen. Und wenn Ihr Fuß wieder heil sein wird, dann müssen Sie abreisen.

Wie toll von Ihnen, nicht im ersten Augenblick den geschicktesten Arzt holen zu lassen! Bei einiger Pflege wären Sie in vier Tagen wieder hergestellt worden. Nun dürfen Sie wenigstens nicht mit Gewalt gesund werden wollen.

Ich trinke zweimal täglich Milch. Sie bekommt mir, aber ich habe den ganzen Tag einen Nachgeschmack. Das ist abscheulich und verrät keine gute Verdauung.

Ach ja, ich möchte schon in meine neue Wohnung am Boulevard, selbst auf die Gefahr hin, vom Straßenlärm halb taub zu werden. Aber ich darf gar nicht daran denken, mich dorthin schaffen zu lassen, wo es mir schon vom Bett zu meinem Lehnstuhl zu weit ist. Sie haben keine Ahnung, wie schwach ich bin. Es ist eine Mühsal für mich, Ihnen zu schreiben. Es saust mir in den Ohren, als ob es mich betäuben wollte.

Viele Grüße, mein Lieber!


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