Julie de Lespinasse
Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse
Julie de Lespinasse

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43.

Mittwochs, zehn Uhr.

Sie kümmern sich auch heute nicht um mich. Ich bin Ihnen so gleichgültig, daß ich Sie in Ihrem Tun und Denken gar nicht störe.

Hören Sie mich an! Wir wollen es machen, wie Frau von Montespan und Frau von Maintenon. Die beiden waren gezwungen, einmal eine ziemlich lange Reise allein miteinander zu machen.

»Gnädige Frau,« sagte da Frau von Montespan, »wir wollen unseren Haß, unsere Ränke vergessen und eins dem anderen eine gute Kameradin sein!«

Ich füge hinzu: Vergessen wir unsere beiderseitigen Mißverständnisse, und seien Sie so freundlich, mir eine Bitte zu erfüllen. Schreiben Sie mir eine kleine Denkschrift über die soldatische Manneszucht. Ich brauche sie. Ich möchte kein dickes, durchgearbeitetes Buch, sondern nur Gesichtspunkte, Grundsätze, kurz, einen Abriß dessen, was Sie über diesen wichtigen Gegenstand denken.

Ja, ja, ich, ich rede zu Ihnen. Ich bin nicht toll, und wenn schon, so kommt meine Tollheit bei so trocknen Dingen nicht zum Vorschein. Um so unglückseliger ist sie.

Gute Nacht! Sie waren neulich trübsinnig. Das hat mir leid getan, aber ich kann mir keine Vorwürfe deshalb machen. Sie wissen ja:

Untreue gibt's nur, wo es Liebe gibt!

Der Chevalier [de Castellux] hat mir Ihre Trübsal erklärt. Ich habe Sie aus vollstem Herzen bedauert.

Schlagen Sie mir meine Bitte nicht ab.


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