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Die Bussarde ( Buteoninae)

treten dem verständnißvoll beobachtenden Vogelfreunde als recht verschieden von allen vorhergegangenen Verwandten entgegen, und zwar ebensowol in der Erscheinung als auch in der Lebensweise und im ganzen Wesen. Im langsamen Fluge, wie schwerfällig, kommt der Bussard dahergezogen, hier und da in der Weise der kleinen Falken rüttelnd und auf die Beute in schiefer Richtung langsam hinabstoßend. Oder er sitzt auf einem frei im Felde stehenden Baum, Pfahl, hohen Stein u. a. und lauert stundenlang auf seinen Raub. Nur um zu übernachten oder den Horst zu erbauen, sucht er die nächsten hohen Waldbäume auf. Auf der Erde bewegt er sich in ungeschickten Sprüngen. Wenn er sich dann aber hinaufschwingt, so kreist er hochoben in der Bläue in malerischen Schwenkungen und unsere Blicke folgen mit Vergnügen seinen Bewegungen.

In ihrer äußeren Erscheinung kräftig und ziemlich plump, zeigen die Bussarde folgende besonderen Merkmale. Der Kopf ist verhältnißmäßig dick und rund mit kurzem Hals. Der Schnabel ist kurz, vom Grunde an gekrümmt, der Oberschnabel ohne Zahn, nur etwas ausgebuchtet. Die Nasenlöcher sind verschieden, theils halbmond-, theils ritzenförmig. Die Flügel sind breit, mittellang und meistens ist die vierte Schwinge am längsten; zusammengelegt reichen sie bis zur Schwanzspitze und selbst darüber hinaus. Der Schwanz ist mittellang, gerade abgeschnitten. Die Füße sind nur am obern Drittel befiedert, verhältnißmäßig kurz aber stämmig, mit schwachen Zehen und großen gekrümmten, spitzen Krallen. Das Gefieder ist voll, locker und meistens düster gefärbt. Sie sind Raubvögel von mittlerer Größe. Das Weibchen ist in der Färbung nicht auffallend abweichend, sondern nur etwas größer; dagegen ist das Jugendkleid bedeutend verschieden.

Bei uns leben sie als Zug- oder Strichvögel und zwar streichen sie im Herbst, manchmal in mehr oder minder vielköpfigen Scharen, nahrungsuchend umher. Ihre Verbreitung erstreckt sich über die ganze Erde. In ebenen und gebirgigen Gegenden gleicherweise sind sie heimisch. Immer auf einem Baum steht der Horst, als ein wenig kunstvoller Bau mit flach ausgerundeter Mulde und enthält drei bis vier Eier, welche bunt gefleckt sind. Vorzugsweise Nagethiere, Mäuse, Ratten, Hamster, sodann Kriechthiere, Frösche, Schlangen u. drgl., ferner große Kerbthiere, wie Heuschrecken, Maikäfer, Schmetterlinge u. a. m. bilden ihre Nahrung und nebenbei schlagen sie auch allerlei andere Thiere, welche sie eben erhaschen können. Während sie also nach ihrem Fraß von vornherein offenbar sehr nützlich für die menschlichen Kulturen, die Landwirthschaft, den Forstbetrieb u. a. sind, werden sie von den Jägern doch arg gehaßt, da sie nebenbei allerdings Junghasen schlagen, Rebhühner-, Wachtel-, Schnepfen- u. a. Nester ausstören und in der Wintersnoth auch auf alte Rebhühner, selbst Hasen u. a. stoßen sollen. Trotzdem ist ihre rücksichtslose Verfolgung ein schweres Unrecht, denn ihr Nutzen ist ein beiweitem überwiegender. Einsichtsvolle Landwirthe errichten daher für sie überall in den Feldmarken Pfähle mit Querholz zum Aufbäumen, als Warten, von denen aus sie die Mäusejagd gemächlich betreiben können. Etwas schädlicher als sie an sich sein würden, zeigen sie sich allerdings dadurch, daß sie anderen, furchtbaren Räubern, vornehmlich den Edelfalken, die Beute abjagen und diese dadurch zwingen, noch viel mehrere Thiere zu schlagen als sie es sonst thun würden. In ihrem ganzen Wesen sind sie eigentlich recht harmlos, denn wo sie nicht verfolgt werden, zeigen sie sich ungemein dreist; andrerseits aber lernen sie auch bald ihre Feinde kennen und werden dann sehr vorsichtig. Übrigens morden sie niemals wie die Falken, Habichte u. a. bloß aus Blutdurst, sondern nur solange als sie wirklich Hunger haben. Sie sind leichter als andere Raubvögel in der Gefangenschaft zu erhalten, wenn man ihnen nur als Zugabe zum Fleischfutter hin und wieder lebende oder frisch getödtete Mäuse oder Sperlinge zu reichen vermag. Unter allen Raubvögeln sind sie daher auch am häufigsten in den zoologischen Gürten u. a. Naturanstalten und bei den Händlern zu finden. Wenig unterrichtete Leute sehen einen Bussard im Freien oder in einer Vogelhandlung meistens für einen Adler an. Sie werden auch Bussaare genannt.


Der Mäusebussard ( Falco buteo, L.)

gehört erfreulicherweise noch zu den gemeinsten unserer Vögel der Heimat.

Er ist am ganzen Körper braun, oberseits dunkler, unterseits heller, aber diese Färbung wechselt in allen möglichen Schattirungen, von Schwarz-, Grau-, Gelbbraun, bis Bräunlich- und Reinweiß. Dabei erscheint das ganze Gefieder unregelmäßig bunt, gefleckt, gestrichelt und gestreift; der Schwanz ist gebändert. Am häufigsten kommen dunkelbraune Bussarde vor, weniger hellbraune und am seltensten die weißlichen. Der Schnabel ist schwarz mit gelber Wachshaut, und Borstenfederchen bedecken die Zügelgegend; das Auge ist gelblichgrau bis rothbraun mit gelber nackter Haut; die Füße sind orange- bis reingelb mit schwarzen Krallen. Seine Größe ist reichlich der eines Haushuhns gleich (Länge 50 bis 60 cm; Flügelbreite 120 bis 150 cm; Schwanz 25 bis 26 cm). Das Weibchen erscheint beträchtlich größer. Das Jugendkleid wechselt gleichfalls ungemein mannigfaltig.

In der gemäßigten Zone von Europa, sowie im nördlichen Afrika und westlichen Asien eigentlich heimisch, ist er in ganz Deutschland überall an Waldrändern, Feldgehölzen, auf einzelnen Bäumen im Felde, Pfählen und hohen Steinhaufen zu finden. Bei uns kommt er zu Anfang März an, und in dem Horst, welchen das Par, falls es nicht gestört wird, alljährlich wieder bezieht, ist bereits zu Ende des Monats März oder Anfang April das gleich dem Federkleide überaus verschiedenartig wechselnde Gelege vorhanden; die Eier sind rein-, grün- oder gelblichweiß und heller oder dunkler braun, seltner gelb oder violett gefleckt, bespritzt oder gemarmort, auch wol fast reinweiß. Männchen und Weibchen sollen abwechselnd brüten, doch ist dies mit Sicherheit noch nicht festgestellt. Die Jungen werden vorzugsweise mit großen Kerbthieren, Kriechthieren, jungen Mäusen und auch wol jungen Vögeln ernährt. Zu dieser Zeit raubt das Par allerdings viele Lerchennester aus, aber auch das kann der Nützlichkeit dieses Bussards gegenüber kaum inbetracht kommen, denn jetzt, wie immer, bilden doch die Mäuse seine Hauptnahrung, und Ratten, Hamster u. a. Nager schlägt er nicht minder eifrig. In seinem ganzen Wesen ist er keineswegs ein angenehmer Vogel, denn er zeigt sich träge und gefräßig, in jeder Bewegung, außer dem Fluge, ungeschickt, ferner scheu und feige. In der Noth des Winters ist er für die Rebhühner, allerlei andere Vögel, sowie Hasen u. a. ein bösartiger Feind. Im Fluge vermag er allerdings keinen Vogel zu schlagen und ebensowenig den gesunden, kräftigen Hasen im Lauf; aber wenn solche Thiere infolge der Noth ermattet oder sobald sie krank geschossen sind, so fallen sie ihm zur Beute. Sein Ruf hiäh ertönt ähnlich wie das Miauen einer Katze, jedoch nur im Frühjahr zur beginnenden Nistzeit läßt er ihn erschallen. Zu Ende des Monats September oder zu Anfang des Oktober ziehen die Bussarde zur Überwinterung nach Süd- und Westeuropa und dann scharen sie sich zu 20 Köpfen und mehreren zusammen. In Norddeutschland überwintert der Mäusebussard einzeln, in Süddeutschland zahlreich. Als Vogel, der dem Landmann überall entgegentritt, hat ihm der Volksmund auch zahlreiche Namen beigelegt: Busaar, Bushardfalk, gemeiner und glattbeiniger Bussard, Bußhard, Mäuseaar, brauner, bunter, schwarzer und weißer Mäuseaar, Mäusefalk, -Geier und -Habicht, Mäuse- und Rüttelweih, Mauser, Schlangenfresser, Stockaar, Unkenfresser, Waldgeier, Wasservogel. In die zoologischen Gärten gelangt er recht häufig, doch nehmen ihn dieselben meistens nur ungern an, da er gleich den Verwandten ohne Zugabe von Mäusen und anderen lebenden Thieren nur schwierig für die Dauer zu erhalten ist.


Der rauhfüßige Bussard ( Falco lagopus, Brünn.)

ist im Norden von Europa heimisch und gehört daher nicht eigentlich zu den Vögeln unsrer Heimat; da er indessen als Wandergast regelmäßig bei uns und in manchen Gegenden sogar häufig vorkommt, so muß ich ihn wenigstens beiläufig schildern.

Er ist an Kopf und Hals gelblichweiß, mehr oder weniger braun gefleckt; der Rücken und die übrige Oberseite sind graubraun, schwärzlich und rostroth gefleckt; die Flügel sind schwarzbraun; der Schwanz ist an der Grundhälfte weiß, an der Endhälfte braun, dunkler gebändert und weiß gesäumt; die Unterseite ist einfarbig dunkelbraun; die unteren Schwanzdecken sind bräunlichweiß; der Schnabel ist schwarz mit gelblichem Unterschnabel und gelber Wachshaut; die Augen sind gelblichgrau bis -braun mit gelber nackter Haut; die Füße sind gelb mit schwarzen Krallen und bis zu den Zehen dicht befiedert. Hierdurch und dann durch die beträchtlichere Größe (Länge 60 bis 65 cm; Flügelbreite 145 bis 150 cm; Schwanz 22 bis 25 cm), die längeren Flügel, welche zusammengelegt das Schwanzende erreichen, ist er von dem vorigen zu unterscheiden. Eine Farbenspielart, der dunkle Rauhfußbussard ist folgendermaßen gefärbt: Der Kopf ist grauweiß, schwärzlich längs gestreift; die ganze übrige Oberseite ist schwarzbraun, blaugrau, rostfarben und weiß gefleckt; der Schwanz ist an der Grundhälfte weiß, an der Endhälfte grau und schwarz; Hals und Brust sind schwarzbraun, grau, rostroth und weiß gescheckt; die übrige Unterseite ist gelblichweiß; Schenkel und Beine sind schwarzbraun gebändert. Die Farbe wechselt, einerseits fast bis zum reinen Schwarz und andrerseits zum Reinweiß.

Im September und Oktober sieht man diesen Bussard an denselben Örtlichkeiten wie den vorigen, manchmal zahlreich, und im Februar oder März wandert er wieder nordwärts; hier und da, besonders in Gebirgsgegenden, soll er sich schon im August zeigen, ob er aber, wie behauptet wird, auch an manchen Orten bei uns nistet, dürfte wol noch nicht mit Sicherheit festgestellt sein, da die meisten Beobachter ihn nicht bestimmt von dem vorigen zu unterscheiden wissen. Da der Rauhfuß bei uns in der kalten Jahreszeit, obwol auch er vorzugsweise Mäuse frißt, doch an Hasen, Rebhühnern, Haustauben und allerlei kleineren Vögeln argen Schaden anzurichten vermag, so verfolgen ihn die Jäger mit noch größerm Eifer und allerdings auch mit mehr Berechtigung als den harmlosen gemeinen Mäusebussard. Er wird auch Schneeaar, fälschlich kleiner Adler, rauhbeiniger Bussard, Rauhfuß- oder fälschlich Rauchfußbussard, Graufalk, Mäuse- und norwegischer Falk, Mäuse-, Mos-, Nebel-, Scheren- und Schneegeier, isländischer Mauser, Rauh- und fälschlich Rauchfuß, rauhbeinige Weihe benannt.


Der Wespenbussard ( Falco apivorus, L.)

Im Wesen dem Mäusebussard ähnlich, aber in der Ernährung wesentlich verschieden, zeigt sich der Wespenbussard, dessen Namen uns bereits Aufschluß gibt. Auch er sitzt fast den ganzen Tag auf einem Pfahl, hohen Stein oder einzelnen Baum im Felde, doch mehr am sonnigen Rain, und lauert auf Beute, welche vorzugsweise in allerlei anderen großen Kerbthieren nebst der Wespenbrut besteht, nächstdem auch in Kriechthieren, sowie Mäusen u. a. Nagern, während er nebenbei allerdings auch eifrig die an der Erde oder niedrig im Gebüsch stehenden Vogelnester ausraubt.

Er ist gleichfalls in der Färbung überaus veränderlich: Kopf und Hinterhals sind aschgraubläulich, die ganze übrige Oberseite ist dunkelbraun, mehr oder minder einfarbig, der Bürzel ist heller und dunkler gebändert; die großen Schwingen sind dunkelbraun, breit schwarz gesäumt, die Flügeldecken am Bug graubraun; der Schwanz ist bräunlichaschgrau, dunkel quergebändert, mit schwarzbrauner Endbinde; die ganze Unterseite ist weiß, dunkel gefleckt, jedoch nur im Alter, sonst braun und weiß gefleckt; der Schnabel ist schwärzlichgrau bis blauschwarz mit gelber Wachshaut; die Augen sind grellgelb bis weiß und die Füße lebhaft gelb mit schwarzen Krallen. In der Größe ist er dem Mäusebussard fast gleich, doch schlanker (Länge 58 bis 60 cm; Flügelbreite 135 bis 145 cm; Schwanz 22 bis 25 cm). Das Weibchen ist wenig größer, an der Oberseite fast einfarbig braun, am übrigen Körper weiß und braun gescheckt; der Schwanz ist wie beim Männchen gefärbt. Das Jugendkleid ist braun, mehr oder weniger gelblich bis schwärzlich; der Kopf ist gelblich bis reinweiß, fein braun gefleckt; die Schwingen sind schwarzbraun; die Kehle ist gelblichweiß, die Brust fahlgelb, dunkelbraun und weiß gefleckt; Unterleib und Schenkel sind weiß, röthlichbraun gestreift und gebändert; der Schnabel ist heller, die Wachshaut fahlgelb, die Augen sind grau, die Füße weißgelb. Das junge Weibchen ist an Kehle und Brust dunkler bräunlich. Als besondere Kennzeichen sind folgende hervorzuheben: der Schnabel ist nicht umborstet, das Auge ist von keinem nackten Ring umgeben, sondern mit kurzen Schuppenfederchen; die Flügel erreichen nicht die Schwanzspitze; die Füße sind nur an der Vorderseite bis zur oberen Hälfte befiedert.

Im ganzen mittlern Europa, sowie im westlichen Nordafrika und in Westasien heimisch, kommt er bei uns in Deutschland nur verhältnißmäßig selten und vornehmlich im Westen vor. Hier sehen wir ihn besonders in lichten Laubholz-Waldungen, welche mit Feldern und Wiesen abwechseln und an Wasser reich sind; im trocknen Nadelholz ist er nicht Zu finden. Sein Horst ist fast immer auf einem alten Laubholzbaum, am häufigsten auf einer Buche, aber nicht im höchsten Wipfel sondern in mittlerer Höhe angelegt; auch benutzt er für denselben gern ein Krähennest. Zu Ende des Monats Mai oder auch erst im Juni besteht das Gelege in zwei, seltner mehreren, sehr veränderlichen, weißen oder rostgelben und rothbraun gefleckten Eiern, welche von beiden Gatten des Pärchens abwechselnd erbrütet werden. Ebenso füttern sie die Jungen, welche am gelben oder röthlichgelben Daunenkleid sogleich zu erkennen sind, gemeinsam, fast ausschließlich mit allerlei Kerbthieren, jungen Mäusen u. a. auf. Obwol der Wespenbussard schwerfällig erscheint, so läuft er doch flink auf der Erde und fliegt, wenngleich für gewöhnlich niedrig dahinstreichend, doch auch ebenso wie der vorige hoch in schönen Schwenkungen. In seinem Wesen ist er übrigens scheu, weil er ungerechterweise überall verfolgt wird, und anderen Raubvögeln gegenüber feige. Im Frühjahr bei der Ankunft, sowie in der beginnenden Nistzeit, läßt er seinen Ruf ft, ki, kik hastig und oft wiederholt erschallen. Zur Überwinterung wandert er im September südwärts bis nach Afrika. Wenn er wie der Mäusebussard überall rücksichtslos fortgeschossen wird, so ist dies gleicherweise ein großes Unrecht. Er wird auch Bienen-, grauschnäbeliger und Honigbussard, Bienen-, Honig-, Läufer- und Wespenfalk, Wespenfresser, Bienen-, Frosch-, Honig-, Vogel- und Wespengeier, Sommermauser genannt. Von ihm gilt inbetreff der Bedeutung für die zoologischen Gärten u. a. dasselbe, was ich beim Mäusebussard gesagt; in den derartigen Naturanstalten u. a. ist er fast niemals zu finden.


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