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Unter allen unseren schädlichen Vögeln stehen diese Räuber hoch obenan, denn sie vereinigen mit Kraft und Gewandtheit zugleich außerordentliche Dreistigkeit oder Frechheit, mit List und Verschlagenheit stürmischen Muth. An Mordlust und Raubgier übertreffen sie die eigentlichen Falken beiweitem, und während jene uns immerhin in der Erscheinung sowol als auch im Wesen gewissermaßen als edle Vögel entgegentreten, mangelt ihnen diese Eigenthümlichkeit durchaus. Ihre besonderen Kennzeichen sind folgende.
Der Körperbau ist gedrungen, nicht so schlank als bei den erwähnten nächsten Verwandten. Der Kopf ist verhältnißmäßig klein mit wenig gewölbtem Schädel und mit langem Hals. Der Schnabel ist kurz und stark, am Grunde breit und gleich von hier aus gekrümmt, mit einem scharfen und spitzen Haken und einem großen, aber stumpfen Zahn, mit gelber schmaler Wachshaut und großen länglichrunden Nasenlöchern. Die Augen sind grellfarbig und von ganz schmaler, gleichfalls nackter gelber Haut umgeben. Die Flügel sind verhältnißmäßig kurz, und die dritte, vierte und fünfte Schwinge ist am längsten; zusammengelegt reichen sie nur bis zur Hälfte oder Dreiviertel des Schwanzes. Der letztre ist lang und breit und immer gerade abgeschnitten. Die Füße sind sehr kräftig, mit langen, ganz nackten Beinen, schlanken Zehen und starkgekrümmten Krallen. Das Gefieder ist dicht und weich, glatt und fest anliegend. Die Weibchen sind immer bedeutend größer als die Männchen, aber im Alterskleide nicht durch die Farbe verschieden. Das Jugendkleid ist dagegen mehr abweichend.
Ihre Verbreitung erstreckt sich über die ganze Erde; bei uns sind jedoch nur zwei Arten heimisch. Ausschließlich Baumvögel, halten sie sich meistens im tiefen Walde auf. Beiweitem weniger gewandte Flieger als die Edelfalken, geht ihr Flug vielmehr immer nur niedrig und in kurzen Entfernungen, doch können sie vorzugsweise geschickt in hurtigen Wendungen auch durch das dichteste Gebüsch dahinschießen. Auf ihre Beute, welche in allerlei Thieren, die sie überhaupt nur zu überwältigen vermögen, Vögeln, Säugethieren, selbst Kriechthieren u. a. besteht, stoßen sie von oben oder seitwärts herab. Auch auf der Erde bewegen sie sich geschickt und sie vermögen sitzende und versteckte Thiere ebensogut zu schlagen wie fliegende. Ihr Horst steht immer auf einem Baum, aber nicht wie bei den Verwandten auf den höchsten Zweigen, sondern auf einem starken Ast in mittlerer Höhe und selbst niedrig. Zwei bis vier meistens einfarbige Eier bilden das Gelege. Um ihrer großen Schädlichkeit willen sollte man sie allenthalben möglichst eifrig und rücksichtslos verfolgen; nur das Ausschießen ihrer Nester, d. h. die Erlegung des brütenden Weibchens und damit die Zerstörung der ganzen Brut kann ihnen einigermaßen Abbruch thun, während sie sonst fast jeder Verfolgung glücklich zu entgehen wissen. Auch sie wurden in früherer Zeit zur Falkenjagd abgerichtet, jedoch waren sie keineswegs so hoch geschätzt als die Edelfalken. Sowol den Habicht als auch den Sperber findet man zuweilen in den zoologischen Gärten, aber sie sind schwierig zu erhalten, weil jeder für sich allein in einem Käfig beherbergt werden muß, da er jeden Genossen, selbst seinesgleichen, über kurz oder lang mörderisch überfällt und frißt. Für die Liebhaberei haben sie keine Bedeutung.
Nicht frei auf einem hervorragenden Ast und hoch oben im Wipfel eines Baums, gleich den Falken und Adlern, sondern tief im Dickicht versteckt, so recht als ein Wegelagerer und Strauchritter im schlimmsten Sinne des Worts, sitzt der Habicht da und lauert auf seine Beute oder er jagt, mit hastigen Flügelschlägen niedrig dahinstreichend, im Vorholz und am Waldrande, über Wiesen und Felder dahin, unbekümmert um die Nähe des Menschen und schlägt einen Vogel nicht selten dicht vor den Füßen des Wanderers oder des ackernden Landmannes. Und vom Sperling bis zum Auerhahn, von der Maus bis zum Hasen, selbst zum Rehkalb, schlägt er Alles, was er zu erjagen und zu überwältigen vermag. Kleine Säugethiere, Vögel u. a. verschlingt er ganz nebst Haren oder Federn, größere schleppt er nach einer versteckten Stelle, um sie zu rupfen und zu enthäuten. Vorzugsweise bilden Tauben, Rebhühner, Fasanen u. a., sodann auch Haushühner und im Nothfall Krähen seinen Fraß.
Er ist an der ganzen Oberseite gleichmäßig dunkelgraubraun mit bläulichem Schein, am Kopf schwärzlich mit einem vom Vorderkopf bis zum Nacken sich ziehenden, fein schwarz gescheckten Streif; der Schwanz ist dunkel und hell quergebändert mit weißer Spitze, unterseits weißgrau und dunkelbraun gebändert; die Kehle ist weiß und fein graubraun gebändert; ebenso ist die übrige Unterseite weißlich, an der Brust breit und am Unterkörper fein dunkler gebändert; die unterseitigen Schwanzdecken sind weiß; der Schnabel ist schwärzlich horngrau mit gelber Wachshaut; die Augen sind hochgelb, gleichfalls mit gelber nackter Haut; die Füße sind lebhaft gelb. In der Größe stimmt er etwa mit einem Haushuhn überein (Länge 50 bis 55 cm; Flügelbreite 100 bis 102 cm; Schwanz 20 bis 22 cm). Das Weibchen ist übereinstimmend gefärbt, nur reiner graubraun am Rücken, an der Brust breiter gebändert und am Unterkörper mehr röthlich; auch ist es größer. Das Jugendkleid ist an der ganzen Oberseite graubraun, jede Feder rothgelb gesäumt und gefleckt; der Nacken ist röthlichgelb mit dunkelbraunen Schaftflecken; der Schwanz ist mit breiten dunkelen Querbinden und helleren Wellenlinien gezeichnet; die ganze Unterseite ist roströthlichweiß, gleichfalls mit dunkelbraunen Schaftflecken; der Schnabel ist horngrauweiß; die Augen sind hellgelb, die Füße grünlichgelb.
Während sich seine Verbreitung über ganz Europa, auch Nordafrika und einen Theil Asiens erstreckt, ist er bei uns in Deutschland leider noch allenthalben ziemlich zahlreich zu finden. Einzeln und ungesellig, nur zur Brutzeit parweise, lebt er sowol in großen Waldungen als auch in kleinen Gehölzen und gleicherweise in gebirgigen wie ebenen Gegenden; auch ist er nicht selten im Weichbilde einer großen Stadt zu sehen, wo er als kluger Vogel sich bald sicherer fühlt, denn irgendwo anders, auf einem Thurm oder anderm hohen und großen Gebäude seinen Stand wählt und von hier aus, noch viel schlimmer als ein Falk, täglich auf die Haustauben Jagd macht. Da verliert er denn auch bald seine sonstige große Scheu und Vorsicht und zeigt sich staunenswerth trotzig und dreist. Im tiefen Walde hören wir seine Parungsrufe kirrk, kirrk und dann kiak, kiak weithin gellend erschallen, aber sogar oberhalb des Häusermers der großen Stadt scheut er sich keineswegs lustig zu rufen. Sein Horst steht meistens auf einem alten Baumriesen, doch auch auf einem Ast, dicht am Stamm, liederlich aus Reisern geschichtet, als eine flache, mit Wurzeln, Fasern und Mos ausgerundete Schale, welche zu Mitte des Monats April bis vier Stück bläulich- oder grünlichweiße, in seltenen Fällen grau und roströthlichbraun gefleckte und gepunktete Eier enthält, die vom Weibchen allein in 21 Tagen erbrütet werden. Das Daunenkleid ist weiß. Da die Jungen ausschließlich von den Bruten anderer Vögel ernährt werden, so entwickelt das Habichtspar jetzt eine vorzugsweise schädliche Thätigkeit.
Der Hühnerhabicht lebt in Deutschland als Stand- oder Strichvogel und im Herbst kommen aus dem Norden seinesgleichen als Zugvögel vorüber. Wie die Falken erlegt man auch ihn gern in der sog. Krähenhütte vor dem Uhu, doch sind hier nur vorüberziehende Wanderer zu erlangen, während die umwohnenden Habichte bald so gewitzigt werden, daß sie nicht mehr auf die Eule stoßen. Ferner wird er im sog. Habichtsfang, einem Schlagkorb von Draht oder im Tritt- und Tellereisen u. a. gefangen, aber vermöge seiner Schlauheit und List weiß er derartigen Gefahren viel mehr als die verwandten Falken zu entgehen. Einen sichern Schuß auf ihn abzugeben, gelingt nur in seltenen Fällen. Auch er wurde zur Beize auf Reiher, Hühner, Hasen u. a., ja selbst auf Trappen, abgerichtet, doch zeigte er sich ungleich störrischer und daher war er viel weniger beliebt als die Edelfalken. Als einem der bekanntesten und am meisten gehaßten Vögel hat ihm der Volksmund auch zahlreiche Namen beigelegt; er heißt: Doppelsperber, Hacht-, Hühner-, Pfeil-, Sperber-, Stock- und Taubenfalk, Habicht und Taubenhabicht, Hühnergeier, Langschwanz, Stößer, großer Stößer und Taubenstößer, Taster-, Eich-, Hacht-, Stech-, Stoß- und Stößervogel, Weißbrust und -Bauch.
Tafel XXXII, Vogel a.
Tafel XXXII. Der ärgste Strauchritter:
a. Sperber (Falco nisus, L.),
b. Feldsperlinge (Fringilla montana, L.)
Noch schwelgt alle gefiederte Welt im Ueberfluß und am muntersten tummeln sich die Spatzen auf den Stoppelfeldern und in den letzten Haferstücken umher. Heißa, das ist ein lustiges Leben, welches solch' ein Schwarm umherstreichender Feldsperlinge führt, wenn sie am schönen Spätsommertage, nachdem sie sich satt gefressen, in der Hecke ihren Singsang um die Wette erschallen lassen. Plötzlich aber, niedrig über dem Boden daherschießend und pfeilschnell um die unferne Waldecke schwenkend, fährt ihr Erzfeind, der Sperber, mitten unter den Schwarm, und im tödtlichsten Entsetzen auseinandergejagt, sucht jeder sein Heil in der Flucht, um sich zu retten und zu verbergen. Mit scharfer Kralle schlägt der gefiederte Raubritter sein Opfer und in der grausamsten Weise frißt er den bedauernswerthen Vogel bei lebendigem Leibe.
Der Sperber ist am Scheitel, Nacken, Rücken, Mantel und Schwanz schwärzlichblau (schieferfarbenblau); über dem Auge jederseits zieht sich ein schmaler weißer Streif und im Nacken ist ein kleiner weißer Fleck; die Kopf- und Halsseiten sind hellgelblichrostroth; die Schwingen sind dunkelbraun; der Schwanz ist mit dunkelen Querbinden gezeichnet, an der Spitze weiß gesäumt, an der Unterseite grauweiß; die Kehle ist weiß, dunkel gestreift, Brust, Bauch und Schenkel sind weiß, rostroth gebändert – eine Zeichnung, die man gesperbert nennt –; die unterseitigen Schwanzdecken sind weiß; der Schnabel ist blau, mit gelber Wachshaut; die Augen sind grell gelb, gleichfalls mit gelber Haut umgeben; die Füße sind gelb. Seine Größe gleicht etwa der einer Haustaube, doch erscheint er schlanker (Länge 32 cm; Flügelbreite 64 cm; Schwanz 15 cm). Das bedeutend größre Weibchen ist an der ganzen Oberseite dunkelgraubraun mit bläulichem Schein; die Kehle ist weiß, dunkel gestrichelt, die Kopf- und Halsseiten sind graubraun, weiß gefleckt; die ganze Unterseite ist dunkelgraubraun und gleichfalls gebändert; die Augen sind blasser als beim Männchen. Das Jugendkleid ist an der ganzen Oberseite und den Kopfseiten dunkelgraubraun, jede Feder gelblichrostroth gesäumt; Oberkopf und Nacken sind gleichfalls dunkelgraubraun, jede Feder bräunlichrostroth gesäumt und mit einem verdeckten weißen Mittelfleck gezeichnet; die großen Schwingen sind dunkelbraun; die Schwanzfedern sind graubraun mit helleren Querbinden; die ganze Unterseite ist weiß, graubraun gestreift und gestrichelt; die Brust ist roströthlichbraun gefleckt und gebändert. Das junge Männchen erscheint mehr im rostrothen, das Weibchen im graubraunen Farbenton.
Seine Verbreitung erstreckt sich über ganz Europa, Nordafrika und einen Theil Asiens, stimmt also mit der des Habichts im allgemeinen überein. Bei uns in Deutschland lebt er theils als Stand-, theils als Strichvogel. Vorzugsweise in dichten Feldgehölzen, namentlich Nadelholz-Schonungen, treibt er in ähnlicher Weise wie der größre Verwandte seine raubritterliche Wegelagerei, und da er sich fast ausschließlich von kleineren Vögeln, etwa von den Wildtauben, Rebhuhn und Wachtel, bis zu den Meisen und Goldhähnchen herab ernährt, so ist er im überaus hohen Maß schädlich; ein einziges Sperberpar kann, zumal wenn es Junge im Nest hat, Hain und Flur weithin von Singvögeln entvölkern. Folgen wir vorsichtig seinen kreischend erklingenden Parungsrufen kri, kri, so können wir wol den sehr versteckt, meistens nur etwa 6 Meter hoch, stehenden, oft auf einem Krähennest errichteten Horst auffinden, welcher im Mai vier bis sechs grünlichweiße rothbraun gefleckte Eier enthält, die vom Weibchen in 21 Tagen erbrütet werden. Nur beiläufig fangen die Alten größere Insekten oder Mäuse, im übrigen füttern sie die Jungen ausschließlich mit dem Inhalt ausgeraubter Vogelnester. Im ganzen Wesen und in allen Eigentümlichkeiten überhaupt gleicht der Sperber ebenfalls dem Habicht. Auch ihn hat der Volksmund mit vielen Namen bezeichnet: Blaubäckchen (das Männchen), kleiner Sperber- und Stoßfalk, Finkenhabicht und -Sperber, Klemmvogel, Schmirn, großer Sperber (Weibchen), kleiner Sperber (Männchen), Sprenzchen oder Sprunzchen, Sprinz, Berg-, kleiner, Lerchen-, Schwalben-, Sperlings-, Stock- und Vogelstößer. Es ist dringend wünschenswerth, daß dieser arge Räuber ebenso eifrig und unnachsichtlich als der vorige verfolgt werde. In den zoologischen Gärten sieht man ihn nur selten und da er wenigstens zeitweise mit lebenden oder doch frischen Vögeln ernährt werden muß, so ist er dort schwierig für die Dauer zu erhalten. Für die Liebhaberei hat er ebenfalls geringen Werth und wir finden ihn nur hier und da auf einer größern Ausstellung.