Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Felsen- oder Alpenkrähen ( Pyrrhocoracinae)

fassen manche Vogelkundigen einige Arten zusammen, welche ausschließlich im Gebirg einheimisch sind und sich durch folgende Kennzeichen von den Verwandten unterscheiden:

In der Gestalt gleichen sie den anderen Krähen; in der Größe gehören sie zu den geringsten. Das Gefieder ist auch bei ihnen straff und hart und ihre Färbung ist ebenso wie die der meisten Verwandten einfarbig schwarz mit blauem oder grünem Metallglanz. Der Schnabel ist mehr oder minder gebogen, verhältnißmäßig lang und dünn und immer auffallend hell gefärbt; die Nasenlöcher sind länglich und nur wenig von Borsten bedeckt. Die Flügel sind lang und spitz und die dritte bis fünfte Schwinge ist am längsten. Der Schwanz ist verhältnißmäßig kurz und gerade abgeschnitten. Die Füße sind schwächer als bei den verwandten Krähen und gleichfalls hell gefärbt. Die Geschlechter sind nicht verschieden und das Jugendkleid entbehrt nur des Glanzes.

Um ihrer Schönheit willen hält man sie gern in der Gefangenschaft, weniger alt gefangen als aus dem Nest geraubt und mit frischen Ameisenpuppen, Quarkkäse, eingeweichtem Weißbrot und gehacktem Fleisch, sowie auch allerlei menschlichen Nahrungsmitteln, aufgefüttert und ernährt. Sie werden sehr zahm und zutraulich, sind aber nur wenig gelehrig, lernen kaum ein oder einzelne Worte nachsprechen, zeigen sich dagegen ungemein pfiffig, verwahren Überreste von Futter in Schlupfwinkeln und verschleppen gleicherweise heimlich auch allerlei glänzende Dinge, welche sie erlangen können. Bei uns im größten Theil Deutschlands sieht man sie leider nur selten und einzeln als Stubenvögel und auch auf die Ausstellungen kommen sie bloß gelegentlich.


Die Alpendohle ( Corvus pyrrhocorax, L.)

Tafel XII, Vogel c,


Die Alpenkrähe ( Corvus graculus, L.)

Tafel XII, Vogel b.

Tafel XII. Alpenvögel:
a. Blaudrossel (Turdus cyaneus, L.),
b. Alpenkrähe (Corvus graculus, L.),
c, Alpendohle (C. pyrrhocorax, L.)

Für den Reisenden, der, aus ebenen Gegenden herkommend, zum erstenmal das hohe Gebirge besucht, gewähren, falls er ausreichende Kenntnisse als Vogelkundiger besitzt und zugleich eines guten, bis in die Ferne hin sicher blickenden Auges sich erfreut, einen fesselnden Anblick: die schön gelbschnäbelige Alpendohle und die noch schöner rothschnäbelige Alpenkrähe, wenn er sie in den Bergen erschaut.

Die Alpendohle ist einfarbig sammtschwarz mit nur schwachem Metallschimmer, schön orangegelbem Schnabel, dunkelbraunen Augen und rothen Füßen. Das Weibchen soll sich wenig unterscheiden, nur düstrer in der Färbung und völlig glanzlos sein. Das Jugendkleid ist mattschwarz mit düstergelbem Schnabel und braunen Füßen. In der Größe ist sie etwas bedeutender als die gemeine Dohle (Länge 40 cm, Flügelbreite 82 cm, Schwanz 15 cm).

Die Verbreitung erstreckt sich nur auf die hohen Gebirge von Südeuropa, doch soll sie auch auf den kanarischen Inseln, in Nordostafrika und einem Theil Asiens heimisch sein, auf den ersteren lebt sie als Standvogel, welcher auch kaum einmal im Winter tiefer hinabgeht, dagegen, zu jeder Zeit ruhelos umherschwärmend, munter und gesellig, doch keineswegs verträglich sondern fortwährend schreiend und zankend, sich umhertummelt. Ihre Laute erklingen schrill pfeifend krüh, krüh und jack, jack, untermischt mit krähenartigem Krächzen und Geplauder. Allerlei lebende kleine und todte größere Thiere, sowie auch Beren u. a. Früchte und Sämereien bilden ihre Nahrung. In den Löchern an steilen Felsenwänden und Klippen, meistens sehr hoch, steht das Nest, welches gleich dem der vorigen aus Reisern, Halmen und Stengeln geformt und mit Thierwolle und Federn ausgepolstert ist und ein Gelege von vier bis fünf hellaschgrauen, dunkler olivengrün gefleckten Eiern enthält, die vom Weibchen allein in 18 Tagen erbrütet werden. Obwol sie unschwer mit Leimruten, Schlingen oder Schlagnetz an den Stellen, welche ein Schwarm regelmäßig besucht, zu fangen ist und sich auch gleicherweise als Nestvogel leicht aufziehen läßt, so gelangt sie doch nur selten und ausnahmsweise in den Handel. Sie heißt auch Alpenamsel, Amsel-, Berg- und Steindohle, Alpen-, Berg- und Schneekrähe, Alpkachel, Alprapp, Bergdule, Chächty, Däsi, Flütesi, Gächty, Küster, Mildetul, Beren- und Feuerrabe und Ryestern.

Die Alpenkrähe ist gleichfalls einfarbig schwarz, mit grünem, blauem und violettem Metallglanz im ganzen Gefieder. Ihr vorzugsweise dünner, spitzer und gekrümmter Schnabel ist korallroth, die Augen sind dunkelbraun und die Füße glänzend roth. Sie ist ein klein wenig größer als die vorige (Länge 41 cm, Flügelbreite 83 cm, Schwanz 15 cm). Das Weibchen unterscheidet sich nicht oder doch nur durch kaum bemerkbar geringre Größe. Das Jugendkleid ist einfarbig mattschwarz, ohne jeden Glanz; der Schnabel und die Füße sind schwärzlichbraun.

In der Verbreitung und im Aufenthalt gleicht diese Krähe der Verwandten, doch ist sie nur in südlichen Gegenden Standvogel, während sie in den nördlichen mit dem Herbst sich nach der Südseite der Gebirge hinzieht und im strengen Winter in die Thäler hinabstreicht. Das Nest steht immer in steilen, meist unzugänglichen Felsen, ist dem der vorigen gleich und enthält ein Gelege von ebensovielen bräunlichweißen, olivengrünlichbraun gepunkteten und gefleckten Eiern. Sie ruft kräh, kräh und dla, dla und läßt dann ein zwitscherndes Schwatzen hören. Obwol sie im ganzen Wesen der vorigen sehr ähnlich ist, ihr auch in der Ernährung gleicht, während sie freilich eher an das Aas von gefallenen Thieren geht, zeigt sie sich doch viel mehr scheu und vorsichtig, läßt sich nur schwierig fangen, ist dann aber anmuthiger und zierlicher, zutraulicher und pfiffiger. Sie soll auch bereits in einem großen Käfig gezüchtet sein. Man hat sie auch Krähen- und Steindohle, Klausrapp, rothbeinige, Schweizer- und Steinkrähe, Alpen-, Eremit-, Feuer-, Gebirgs-, Klaus-, Stein- und Waldrabe, Schweizer-Eremit und Thurm-Wiedehopf genannt.


Die Elstern ( Picainae) fallen unter allen Krähenvögeln zunächst durch absonderliche Verschiedenheit am meisten in's Auge. Sie haben folgende Merkmale:

Der Schnabel ist dem der vorhergegangenen eigentlichen Krähen gleich, doch an der First ein wenig stärker gebogen. Die Füße sind etwas höher, die Flügel kürzer und mehr gerundet mit vierter und fünfter längsten Schwinge, während die erste bedeutend verkürzt und verschmälert ist. Als Hauptkennzeichen erscheint aber der sehr lange stufenförmig gesteigerte Schwanz.

Ihre Verbreitung erstreckt sich auf alle Welttheile mit Ausnahme Australiens, immer jedoch nur über nördliche Gegenden. Alles übrige werde ich bei der einzigen einheimischen Art näher schildern.


 << zurück weiter >>