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stehen wiederum als die edelsten unter allen Raubvögeln da, d. h. hinsichtlich des ebenmäßigen und schönen Körpers, der höchsten geistigen Begabung und auch des Wesens und der Lebensweise. Sie haben die Merkzeichen, welche ich bei den Angehörigen der Unterfamilie Falken angegeben, in vollem Maß, doch zeichnen sie sich noch durch folgende besondere Kennzeichen aus.
Ihr vorzugsweise kraftvoller und gedrungner Körper erscheint trotzdem schlank und zierlich, im Sitzen gerade aufrecht, während er im ungeschickten Hüpfen auf der Erde wagrecht getragen wird. Ihr Kopf ist groß, doch keineswegs unverhältnißmäßig, rund mit etwas gewölbter Stirn und kurzem gedrungnen Hals. Die Augen sind ungemein lebhaft und von farbiger nackter Haut umgeben. Der Schnabel ist kurz, bereits von der Wurzel an gekrümmt, am Oberschnabel vor der scharfhakigen Spitze mit einem Zahn, am Unterschnabel mit entsprechender Kerbe; die Wachshaut ist nackt, mit runden Nasenlöchern. Die Flügel sind sehr lang und spitz mit zweiter und dritter längster Schwinge, und reichen zusammengelegt bis zur Schwanzspitze oder darüber hinaus. Der Schwanz ist mittellang und gerundet. Die mittelhohen, ganz unbefiederten Läufe haben verhältnißmäßig lange Zehen und kräftige, scharfspitze Krallen. Das Gefieder ist knapp und straff, die Färbung vielfach bunt und immer, mit der übrigen Erscheinung im Einklang stehend, als schön zu bezeichnen. Die Geschlechter erscheinen meistens verschieden und das Weibchen ist auch bei ihnen stets größer. Das Jugendkleid ist gleichfalls abweichend und verfärbt sich erst spät zum Alterskleide.
Ihre Verbreitung erstreckt sich über die ganze Erde. Als ausgezeichnete Flieger stürzen sie sich aus der weitesten Entfernung reißend schnell daher und schlagen ihren Raub stets im Fluge, von oben herabstoßend. Ihre Flugkünste hoch in der Bläue erscheinen überaus schön und mannigfaltig. Selbstverständlich nur in lebenden Thieren, vorzugsweise Vögeln, besteht ihre Nahrung. Die letzteren werden gerupft und kleine Vierfüßler, die sie beiläufig mitnehmen, enthäutet, und dann verschlungen; As fressen sie auch in der Noth nicht. Alle Falken bewohnen, theils als Stand-, theils als Strich- oder Zugvögel, vorzugsweise den Wald, sie leben parweise, und der Horst steht meistens auf hohen Bäumen oder steilen Felsen, doch auch auf Thürmen und anderen hohen Gebäuden; zuweilen wird er sogar auf der Erde errichtet. Er besteht in einer aus Ästen aufgeschichteten flachen Mulde, ausgerundet mit Fasern, Wurzeln u. drgl. Farbige, gefleckte oder besprenkelte Eier in verschiedener Anzahl bilden das Gelege, und dieses wird vom Weibchen allein erbrütet, während beide Gatten des Pärchens die Jungen ernähren. Als ebenso kühne wie verschlagene Räuber sind sie für die Jagd- und freilebenden Vögel überhaupt ungemein schädlich und in gleicher Weise für das Federvieh auf den Geflügelhöfen, insbesondre für die Haus- und bzl. Brieftauben. Daher verfolgt man sie allenthalben eifrig und für ihre Erlegung werden Schußprämien ausgesetzt. Dies gilt jedoch nur für die Angehörigen der ersten Sippe, die Edelfalken, während die der zweiten, die beiweitem weniger kräftigen und stürmischen Rüttelfalken, sich im Gegensatz zu ihnen vorzugsweise von Nagern, Mäusen u. a. und großen, meistens schädlichen Kerbthieren ernähren und nur beiläufig einmal einen Vogel, aber niemals im Fluge, schlagen. Die letzteren sind daher für die menschlichen Kulturen unbedingt nützlich. Bedauerlicherweise sind bis jetzt, selbst bei den Jägern von Fach, den Förstern u. a. die Unterschiede zwischen den Angehörigen beider Sippen im allgemeinen erst wenig bekannt, und nach der einen Seite hin geschieht den argen Räubern zu wenig Abbruch, nach der andern werden die nützlichen Falken leider nur zu häufig geschossen, weil sie nämlich als harmlose Vögel sich ungleich leichter ankommen lassen.
Wie bereits S. 347 erwähnt, dienten seit dem Alterthum her die Falken als sog. Beizvögel zur Ausübung der Jagd und zwar größtentheils zum Vergnügen, doch auch zum Jagdertrag. Man richtete vornehmlich die eigentlichen oder Edelfalken und die Habichte dazu ab und es wurde eine großartige Liebhaberei mit ihnen betrieben. Das beliebteste Wild bildete der Reiher. Außerdem wurden dann auch verschiedene andere Vögel, so namentlich Rebhühner, Wachteln, Fasanen, Wildenten und Wildtauben, auch Elstern und andere krähenartige Vögel, ferner Milane, dann aber namentlich auch Hasen und Kaninchen, ›gebeizt‹. Mit den kleinsten Falken jagte man in gleicher Weise auch Lerchen. In neuerer Zeit ist die Falkenjagd, wenigstens bei uns, außer Brauch gekommen und zwar einerseits weil unsere jetzigen Schießwaffen zur Erlangung des Wilds doch ungleich wirksamer sind und andrerseits weil die derartigen mittelalterlichen, thierquälerischen Jagdvergnügen sich mit den humanen Bestrebungen der Gegenwart nicht mehr vereinigen lassen. Gegenwärtig wird die Falkenbeize noch von den Arabern und Beduinen und neuerdings auch wieder in England betrieben. In Asien jagt man mit Adlern die Wölfe.
Das Hühnervolk vor uns auf dem Hof geht harmlos vergnügt seiner Hauptbeschäftigung, dem Nahrungsuchen, nach und gleiches thun die Sperlinge auf dem Dunghaufen. Auf dem nahen Felde liegt ein Völkchen Rebhühner in einer Ackerfurche und sie paddeln sich behaglich im Sande. Ringsumher in den Büschen gibt es Vogelgesang in reicher Mannigfaltigkeit, denn eine Grasmücke in der Hecke wetteifert mit dem Edelfink auf einem Obstbaum und der Gartenlaubvogel im Fliederbusch über der Laube mit dem Goldammer am Rain. Und auf dem Teich daneben plätschern unfern von den zahmen Enten die Wildenten und Wasserhühner. Ein belebtes Bild harmlosen und doch wunderschönen Naturlebens gewährt uns der Blick auf alle diese Thierwelt inmitten der blühenden Bäume, Sträucher und Kräuter. Hoch oben in der Bläue tummelt sich ein Taubenschwarm in malerischen Kreisen. Plötzlich ruft der große Würger, welcher auf dem höchsten, dürren Ast eines Apfelbaums sitzt, sein warnendes tak, tak, und mit schrillem Schirpen antworten die Spatzen, eine Elster keckert, der Haushahn läßt seinen entrüsteten Schrei erschallen – und wie mit einem Schlag ist alle diese Thierwelt verstummt und schleunigst auch verschwunden. Die Rebhühner drücken sich in's Gras und Getreide, die anderen Vögel schlüpfen in's Dickicht, die Enten in's Schilf, die Wasserhühner tauchen unter. Dem menschlichen Auge erst kaum sichtbar, wie ein kleiner Punkt in fernster Höhe, hat der aufmerksame Wächter doch sogleich den daherschießenden Falk erkannt, den furchtbaren Verderber harmlosen Thierlebens, den ebenso gewandten als starken und schlauen gefiederten Raubritter. Ausgerüstet mit den schärfsten Sinnen und unglaublicher Schnelligkeit, gelingt es ihm immer, den einen oder andern Vogel zu schlagen; entweder jagt er den Taubenschwarm, treibt ihn bis zu den Wolken empor und fängt eine, die etwa ermattet hinter den anderen zurückbleibt, indem er sich über sie hinaufschwingt und von oben herabstößt; oder der Zufall begünstigt ihn, indem ein daherkommender Landmann oder ein umhersuchender Hund den einen oder andern Vogel aufstöbert, den er dann blitzschnell überfällt und schlägt. So raubt er allerlei Gefieder, von der Lerche bis zum Rebhuhn, von der Krähe bis zur Wildente und wol gar der Wildgans. Oft wird ihm dann aber die Beute von Milanen, Weihen, Bussarden u. a. abgejagt – wodurch er sich natürlich zu neuem Raub und Mord gezwungen sieht.
Der Wanderfalk ist am Oberkopf dunkelbläulich aschgrau und an der ganzen übrigen Oberseite schwach heller, überall aber mit schwarzblauen dreieckigen Flecken und tiefschwarzen Bändern gezeichnet; ein Bartstreif vom Schnabel und Auge jederseits bis zum Hals hinab ist schwarz; die Schwingen sind mattschwarz, an der Innenfahne heller roströthlich gefleckt; der Schwanz ist bläulichaschgrau mit blauschwarzen Querbinden und weißem Endstreif; Kehle und Oberbrust sind gelblichweiß, dunkler gestrichelt und gefleckt, Unterbrust und Bauch fahlgelb, schwärzlich quergebändert; der Schnabel ist hellblau mit schwarzer Spitze und gelber Wachshaut; die Augen sind dunkelbraun von gleichfalls gelber nackter Haut umgeben; die Fänge sind gelb mit schwarzen Krallen. In der Größe gleicht er einem Haushuhn (Länge 45 cm; Flügelbreite 85 bis 105 cm; Schwanz 19 bis 20 cm). Das Weibchen ist beträchtlich größer und lebhafter gefärbt. Das Jugendkleid ist an der Stirn gelblich- oder röthlichweiß, am Oberkopf lebhafter gefleckt, an der ganzen übrigen Oberseite dunkelbraun, jede Feder heller gesäumt; der Schwanz ist dunkelbraun mit roströthlichen Querbinden und breitem, weißem Endsaum; der Bartstreif ist schwarzbraun; Wangen und Kehle sind weiß und die ganze übrige Unterseite ist gelblichweiß mit braunen Längsflecken; der Schnabel ist hellbläulich, Schnabel- und Augen-Wachshaut sind bläulichgrün, die Fänge grünlichgelb.
Fast über die ganze Erde soll der Wanderfalk verbreitet sein und trotz beträchtlicher Abweichungen, die sich in der Färbung zeigen und nach denen man verschiedene Arten aufgestellt hat, dürfte doch nur an einer mit Sicherheit festzuhalten sein. In unseren nördlichen Gegenden lebt er als Zugvogel, welcher zeitig, schon im Februar oder März, ankommt und im September bis Afrika und Indien wandert. Einzelne, besonders Männchen, bleiben indessen auch das ganze Jahr hindurch am Standort und streichen nur nahrungsuchend im weiten Umkreise umher. Dann hausen sie auf den Thürmen und anderen höchsten Gebäuden großer Städte und betreiben von hier aus in förmlich frecher Sicherheit argen Raub an dem Gefieder, welches theils als Flugtauben, theils als Brieftauben hier gehalten wird und häufig auch in großer Anzahl frei oder doch herrenlos lebend Bahnhofshallen, Speicher, Thürme u. a. bewohnt. Wenn wir in großen oder auch minder umfangreichen, aber vom menschlichen Verkehr ferngelegenen Waldungen, sowie auch inmitten der Gebirge, einsam wandern, so hören wir den gellenden Schrei kgiak oder kajak, doch nur selten gelingt es dem Ungeübten, den Wanderfalken-Horst auf einem hohen Baum im dichten Hochwald oder auf einer steilen Felswand zu entdecken. Derselbe wird in jedem Jahr wieder bezogen und enthält im April oder Mai ein Gelege von drei bis vier hellgelbrothen, braun gefleckten, veränderlichen Eiern; die Brutdauer währt 20 bis 21 Tage. Um seiner Schädlichkeit willen wird der Wanderfalk von fachkundigen Jägern eifrig verfolgt; durch seine Vorsicht und Schlauheit aber, weiß er den meisten Gefahren zu entgehen. Er ist so bekannt, daß ihm der Volksmund zahlreiche Namen beigelegt hat: Blau-, Berg-, Beiz-, Edel-, gefleckter, Kohl-, Pilgrims-, Schlacht-, Schwarzbacken-, Stein-, Tannen-, Tauben- und Waldfalk, Blaufuß, Fremdling, gefleckter Habicht, Schwarzbacke und Taubenstößer. Da er, wie erwähnt, in überaus veränderlichem Gefieder erscheint, so vermögen ihn viele Jäger nicht immer zu erkennen und von den minder schädlichen Raubvögeln mit Sicherheit zu unterscheiden. Er wird daher im allgemeinen viel weniger häufig erlegt, als es um seiner Räubereien willen geschehen sollte; im Gegentheil werden anstatt seiner von Unkundigen nur zu vielfach die im beiweitem geringern Grade schädlichen kurzgeflügelten Raubvögel geschossen. In den zoologischen Gärten wird er wol beiläufig gehalten, doch dauert er, da man ihn nicht ausreichend mit lebenden Vögeln zu versorgen vermag, meistens nur kurze Zeit aus.
welcher im Nordosten von Afrika, Mittelasien und im Südosten von Europa heimisch ist, kann als Wandergast auf unseren Fluren hier nur beiläufig Erwähnung finden.
Er ist am Kopf weiß, an der Stirn und ebenso den Wangen dunkler gestrichelt und mit schwachem dunkeln Bartstreif; der Oberkopf ist schwarzbraun gestrichelt, das Genick weiß mit einem braunen Fleck; ein Streif oberhalb und durch's Auge bis zum Nacken ist weiß; die ganze übrige Oberseite ist graubraun, jede Feder breit fahl roströthlich und dann schmal weißgesäumt; die Schwingen sind dunkelbraun, an der Innenfahne weiß und roströthlich gefleckt; die Schwanzfedern sind fahlbraun, weiß gefleckt, die mittleren einfarbig braun; die Kehle ist gelblichweiß und die ganze übrige Unterseite röthlich- bis reinweiß, an Brust und Bauch röthlichbraun gefleckt; der Schnabel ist horngrau, Unterschnabel gelbgrau, mit fleischfarbner bis gelber Wachshaut; die Augen sind braun mit gelber nackter Haut; die Füße sind gelb mit schwarzen Krallen. In der Größe ist er etwas bedeutender als der vorige (Länge 54 cm; Flügelbreite 105 cm; Schwanz 20 cm). Das Weibchen ist größer, an der Oberseite reinerbraun, jede Feder roströthlich gesäumt; der Bartstreif ist etwas stärker; die Unterseite ist mehr gelblichweiß, jedoch die Kehle reinweiß. Das Jugendkleid ist am Kopf fahlbraun, dichter und dunkler gefleckt; die ganze Färbung ist etwas düstrer und an der Unterseite mit größeren Flecken; der Schnabel ist dunkler mit blauer Wachshaut; die Augen sind schwarzbraun mit blauem Ring; die Füße sind blau.
Im ganzen Wesen und in allen Eigenthümlichkeiten gleicht er durchaus dem vorigen und wie jener war auch er als Beizvogel sehr geschätzt. Seine Namen lauten Blaufuß, Berg-, heiliger Geier-, Groß-, Lanner-, Sakher- und heiliger Sakher-, Schlacht-, Schlag- und Sternfalk, Schlachter und Würger.
Beiweitem kleiner als die vorhergegangenen Verwandten, ist er doch in seinem Bereich keineswegs ein minder arger Räuber, welcher vornehmlich alle unsere heimischen Singvögel hart verfolgt und daher in gleicher Weise wie der Wanderfalk überall, wo es nur irgend zu ermöglichen ist, dem tödtenden Blei des Jägers verfallen sollte.
Er ist am Kopf grau mit weißem Augenbrauen- und breitem schwarzen Bartstreif, weißen Wangen, im Nacken weiß gefleckt, an der ganzen übrigen Oberseite bläulichschwarzbraun; die Schwingen sind schwärzlichbraun, rostgelb gebändert und gekantet; die Schwanzfedern sind graubraun, an der Innenfahne mit rostgelben Querflecken, die beiden mittelsten einfarbig, unterseits alle grau, mit roströthlichen Querbändern; die Kehle ist weiß, die Brust gelblichweiß und braun gefleckt; der Bauch ist gelblichrostroth dunklerbraun gefleckt; die Schenkelgegend ist einfarbig rostroth; die unterseitigen Schwanzdecken sind rostroth, schwärzlich gestrichelt; der Schnabel ist hellblau mit schwarzer Spitze und gelber Wachshaut; die Augen sind dunkelbraun, mit gelber nackter Haut; die Fänge sind gelb mit schwarzen Krallen. In der Größe gleicht er einer Haustaube (Länge 31 cm; Flügelbreite 75 bis 78 cm; Schwanz 15 bis 16 cm). Das Weibchen ist bedeutend größer.
Über ganz Europa verbreitet und auch in Mittelasien heimisch, lebt er bei uns als Zugvogel; er kommt im April an und man findet ihn dann ebensowol in ebenen als auch gebirgigen Gegenden, vorzugsweise aber in den Laubwäldern, gleicherweise im tiefen Walde wie im lichten Feldgehölz. Zur Parungszeit im Juni läßt er seine Schreie mehrmals hintereinander giäh erschallen und das Weibchen antwortet hellklingend gick. Erst gegen den Juli hin enthält das immer auf einem hohen Baum stehende Nest das Gelege von drei bis fünf Eiern, welche gelblich- oder röthlichweiß, rostroth und bräunlich gefleckt sind und in 21 bis 22 Tagen erbrütet werden. Im Daunenkleide sind die Jungen bläulichweiß mit blauweißer Wachshaut und blauen Füßen. Das Jugendkleid ist an der Oberseite schwarzbraun, jede Feder gelbbraun gesäumt, an der Unterseite fahl gelblichrostroth, dunkelbraun gefleckt, mit gelblicher, schwärzlich gefleckter Schenkelgegend oder Hosen. Sie werden von den beiden Alten in den ersten Tagen mit großen Kerbthieren, Käfern, Heuschrecken, Schmetterlingen u. a. und jungen Vögeln ernährt. Im übrigen bilden ausschließlich Vögel und vorzugsweise Lerchen, zeitweise auch Schwalben, die Nahrung dieser argen Räuber. Dem Wanderfalk gleicht dieser kleine Verwandte im ganzen Wesen, doch ist er lebhafter, fliegt dicht über der Erde mit raschen Flügelschlägen dahin, hier und da über einer Beute rüttelnd, dann schwingt er sich aber auch bis in weite Höhe empor und kreist hier schwebend. Auch er wurde früher zur Falkenjagd abgerichtet und sein kühner Muth und seine Gewandtheit ließen ihn sehr werthvoll erscheinen. Jetzt wird er überall eifrig verfolgt, aber auch gleich den übrigen Falken mit kurzflügeligen ähnlichen Räubern und mehr noch mit den ungleich harmloseren Rüttelfalken verwechselt. Professor Fritsch rühmt einen aus dem Nest gehobnen und aufgezognen, sehr zahm gewordnen Lerchenfalk als einen angenehmen Vogel, der durch sein Betragen seinem Herrn viel Freude machte, und gleicherweise haben schon früher der alte Brehm und Professor Liebe über diese Art sich geäußert; im übrigen findet man ihn heutzutage nur selten, sowol bei den Liebhabern als auch in den zoologischen Gärten. Er wird auch Baum-, Blau-, Hecht-, Stein-, Stoß- und kleiner Wander-Falk, Lerchenhabicht und -Stößer, Schmerl, Stößer, Weißbacke und Weißbäckchen genannt.
In der Erscheinung und im ganzen Wesen dem vorigen durchaus ähnlich, wird er seitens der meisten Jäger und Jagdliebhaber von ihm garnicht unterschieden.
Er ist an Stirn, Augengegend und Kopfseiten gelblichweiß mit einem dunkeln, gestrichelten Wangenstreif und schwachen dunkelrostrothen Bartstreif, der übrige Kopf und die ganze Oberseite ist bläulichaschgrau mit schwarzen Schaftstrichen gezeichnet; die Schwingen sind dunkler aschgrau, an den Innenfahnen weiß quergefleckt; die Schwanzfedern sind blaugrau, schwarz geschäftet und mit einer breiten schwarzen Endbinde, dann noch schmal weiß gesäumt; die Kehle ist weiß; Brust und Schenkel sind hellgelblichrostroth, dunkelbraun schaftstreifig; der Bauch ist ungestreift rostgelblichroth; der Schnabel ist dunkelblau, am Grunde bläulichgrün, mit gelber Wachshaut; die Augen sind braun mit gelber nackter Haut; die Füße sind gelb mit schwarzen Krallen. (Die Flügel erreichen zusammengelegt nur Zweidrittel der Schwanzspitze, sind also bedeutend kürzer als bei allen Verwandten.) In der Größe ist er mit dem vorigen fast übereinstimmend (Länge 32 cm; Flügelbreite 85 cm; Schwanz 12 bis 13 cm). Das Weibchen ist wiederum etwas größer, aber auch ganz verschieden gefärbt. An der Stirn ist es gelblichweiß, ein Streif beiderseits über dem Auge ist hellrostroth; der Oberkopf ist roströthlichbraun, fein schwarz gestreift; die ganze übrige Oberseite ist mehr roströthlichbraun; der Schwanz ist schwarz mit bräunlichweißen Querbinden; die Kehle ist weiß, die ganze übrige Unterseite hellgelblichrostroth, schwarz gestrichelt und gefleckt. Das Jugendkleid ist an der ganzen Oberseite fahl graubraun mit dunkeln Schaftstrichen und röthlichweiß gefleckt; der Wangenstreif ist schwarz; der Nacken ist weiß mit braunen Längsstreifen; der Schwanz ist graubraun, fein schwärzlich gestrichelt; die Kehle ist weiß; Brust und Bauch sind gelblichweiß, breit braun gestreift; Schenkel und untere Schwanzdecken sind gelblichweiß, fein braun schaftstreifig.
Da sich die Heimat des Merlin, wie man ihn meistens nennt, nur über das nördliche Europa und einen Theil Asiens erstreckt, so würde er strenggenommen nicht zu den Vögeln unsrer Heimat gehören, aber einerseits hat man ihn in den verschiedensten Theilen Deutschlands, wenn auch nur selten, doch mit Sicherheit als Brutvogel festgestellt, und andrerseits kommt er alljährlich als Wandergast aus dem Norden her in beträchtlicher Anzahl, schon vom August an, bei uns durch, zum Winter hin weiter südlich wandernd und in den Frühlingsmonaten ebenso zurückkehrend. Dann kann man ihn, vornehmlich auf einzelnen Bäumen im Felde oder zwischen Wiesen und Auen, auch auf Pfählen oder großen Steinhaufen, und in den Gebirgen auf Felsenspitzen sitzen sehen, wie er seiner Jagd auf allerlei Vögel, welche er zu überwältigen vermag, obliegt; er greift nicht selten auch viel größere an, so z. B. Wildenten und Kibitze, wie ich selbst gesehen. In gleicher Weise schädlich wie die vorigen, gleicht er dem Lerchenfalk auch im ganzen Wesen, nur ist er stürmischer und noch mehr raubgierig. Seinen Horst hat man auf Bäumen und zwar vorzugsweise gern auf ein altes Krähennest gebaut, ebenso aber auch auf Felsen-Vorsprüngen und in manchen Gegenden sogar an der Erde, gefunden. Im Mai enthält derselbe ein Gelege von 4 bis 6 Eiern, welche sehr veränderlich, weiß bis röthlichbraun und dunkler gefleckt sind. Er hat viele Namen: Blau-, kleiner Roth- und Steinfalk, Merlin-, Stein- und Zwerghabicht, kleiner Lerchenstößer, Mirl, Schmerl, Schmierlein, Smirill, kleiner Sperber, Sprenzchen, Sprinz. Auch er wurde früher zur Falkenjagd abgerichtet und galt namentlich als Lieblingsvogel der Frauen, welche ihn vorzugsweise gern auf der Hand trugen, wenn sie zur Beize ausritten. Gegenwärtig wird er hin und wieder wol von einem Liebhaber im Käfig gehalten (indessen ohne Abrichtung, bzl. Benutzung zur Jagd) und auch in den zoologischen Gärten sieht man ihn mehr als die anderen.
Ermüdet kehrten wir zurück, eine Jagdgesellschaft von einem Ausfluge in eine der weiten Waldungen Westpreußens, wo damals – es sind freilich 30 Jahre her – noch die Jagd mit lautjagenden Hunden in aller ihrer Poesie das Jägerherz schwellen machte, und kamen, jeder von uns schwer beladen mit erlegtem Wild, durch den Stadtwald. Hier, unter einer großen alten Eiche, lagerte sich die Gesellschaft, um noch, etwa eine Stunde vor der Heimkehr, ein wenig zu ruhen und sich zum letztenmal zu erfrischen. Während die Jagdflaschen mit dem Rest kreisten, äußerte Jemand den Vorschlag: Hier könnten wir uns noch einen Spaß machen, und auf unsere verwunderten Fragen, meinte er, »nun, so paßt auf!« Drei bis vier Schützen stellten sich unterhalb der Eiche im Umkreise schußfertig an, während die übrigen sich etwas seitwärts lagerten. Dann begann der alte Jäger den hellklingenden Ruf kli, kli, kli des Thurmfalk nachzuahmen und binnen wenigen Minuten stürzten ihrer zwei, drei, bis zuletzt sieben Köpfe herbei und sie wurden natürlich unter Scherz und Gelächter herabgeschossen. So sahen wir nun die Thurmfalken vor uns liegen, und da Niemand in der Jagdgesellschaft eine Sammlung ausgestopfter Vögel hatte und an solchen Freude fand, so mußte es der warmherzige Thierfreund umsomehr schmerzlich bedauern, daß dies Hinmorden einer Anzahl harmloser und durchaus nützlicher Vögel lediglich zum Spaß geschehen, wie es leider heutzutage oft noch ebenso geschieht.
Der Thurmfalk ist am ganzen Kopf aschgraublau; die übrige Oberseite ist rostroth, jede Feder mit dunklem spitzen Fleck gezeichnet; die Schwingen sind braunschwarz, an der Außenfahne schmal hell gesäumt, an der Innenfahne mit hellroströthlichen Querstreifen; der Unterrücken ist aschgraublau; der Schwanz ist wenig dunkler, bläulich aschgrau, mit schwarzer Querbinde und weißem Saum; jederseits vom Schnabel erstreckt sich ein dunkelgrauer Bartstreif; die Kehle ist weiß; Brust und Bauch sind röthlichgelb mit schwarzbraunen Längsflecken; die Schenkelgegend ist roströthlichgelb; der Schnabel ist graublau mit dunkler Spitze und gelber Wachshaut; die Augen sind braun, mit gelber nackter Haut und die Füße gelb. Er gehört zu den kleinsten Falken (Länge 33 cm; Flügelbreite 70 cm; Schwanz 16 cm). Das Weibchen ist etwas größer, an Kopf und Nacken schwärzlich gestrichelt, am Rücken gebändert und an der ganzen Oberseite mehr hellgelblichrostroth; der Bürzel ist aschgrau; die Unterseite ist gelblich mit braunen Schaftstrichen.
Über die ganze alte Welt verbreitet, ist der Thurmfalk bei uns erfreulicherweise noch allenthalben gemein. Bereits im März kommt er an seinen Wohn- und Nistorten, vorzugsweise auf Thürmen und anderen hohen Gebäuden, inmitten kleinerer wie großer Ortschaften oder auch auf steilen Felsen und nicht selten auf hohen Waldbäumen, an. Hier errichtet er seinen Horst in irgend einer Höhlung, einem Mauer- oder Astloch und im Nothfall auch auf einem Krähennest, manchmal mitten unter den Nestern einer Schar von Dohlen, in einer Satkrähen-Ansiedelung oder auch zwischen Taubennestern, und mit allen diesen Vögeln lebt er friedlich nebeneinander; zuweilen nistet er auch gesellig, und zahlreiche Thurmfalk-Nester stehen in geringer Entfernung voneinander. In der ersten Hälfte des Monats Mai oder auch erst zu Anfang Juni enthält das Nest vier bis sieben Eier und darüber, welche sehr veränderlich, weiß-, gelblich-rostroth bis dunkelroth gefärbt und dunkler roth bis braunroth gefleckt und gepunktet sind. Im Jugendkleid ist das Männchen dem alten Weibchen ähnlich, jedoch an der ganzen Oberseite lebhafter roth und die Zeichnungen sind matter und kleiner; das junge Weibchen dagegen ist dunkler und lebhafter gefärbt; alle Federn der Oberseite sind heller gesäumt und mit größeren schwarzbraunen Querflecken gezeichnet; die Unterseite ist mehr gelblichweiß, gleichfalls mit kräftigeren und größeren Längsflecken. Gegen den Oktober hin oder auch erst im November zieht die Familie zur Überwinterung südwärts.
Beobachten wir den harmlosen und liebenswürdigen kleinen Falk, wie er, in mäßiger Höhe über dem Boden mit vielen Flügelschlägen dahinstreichend, hier und da, die Flügel zitternd auf- und niederschlagend, stille steht, so erkennen wir es unschwer, weshalb man ihn und seine nächsten Verwandten Rüttelfalken benannt hat. Sehen wir dann weiter zu und passen wir auf, wenn er sich hurtig auf eine Beute herniederstürzt, so können wir es bei seiner Harmlosigkeit leicht bemerken, daß er allerlei Kerbthiere, Käfer, Schmetterlinge, Heuschrecken u. a. vorzugsweise eifrig fängt, außerdem auch junge und alte Mäuse schlägt und sodann wol hier und da ein Lerchen- oder andres Vogelnest ausräubert, daß er aber nur im Ausnahmsfall einen alten Vogel zu schlagen vermag. Ob er wirklich gelegentlich ein noch ganz kleines Junghäschen raubt, dürfte bis jetzt keinenfalls mit Sicherheit festgestellt sein. Mit voller Entschiedenheit kann ich dagegen darauf hinweisen, daß der Thurmfalk zu den beiweitem überwiegend nützlichen Vögeln gehört und daß er, möge man sagen, was man wolle, durchaus Schutz und Schonung verdient. Er heißt auch Kirch-, Mauer-, Mäuse-, Roth-, rothbrauner, Röthel- und Rüttelfalk, Rüttelgeier und -Weihe, Graukopf, Lerchen- und Sperlingshabicht, Röthelhuhn und -Weib, Schwimmer, Lerchen- und rother Sperber, Steinschmack und -Schmatz, Sterengall, Wandweher, Wieg- und Windwehe. Erklärlicherweise finden wir den Thurmfalk häufiger als jeden andern verwandten Raubvogel im Käfig, und da er verhältnißmäßig leicht zu erlangen und auch unschwer für die Dauer zu erhalten ist, so sehen wir ihn bei den Händlern und auf den Ausstellungen wenigstens hin und wieder.
ist etwas kleiner als der vorige, ihm aber in allem übrigen, in der Lebensweise und im ganzen Wesen, auch in der Ernährung, durchaus ähnlich und gleicherweise nützlich; vornehmlich sollte man ihn als Heuschrecken-Vertilger schätzen.
Er erscheint am Kopf und Hals aschgraublau; der Unterrücken ist gleichfalls reinaschgraublau; die ganze übrige Oberseite ist ungefleckt, hell- und lebhaft rothbraun; die Schwingen und der Flügelrand sind schwarzbraun, die Flügeldecken und oberseitigen Schwanzdecken graubraun; der Schwanz ist aschgraublau mit schwarzer Endbinde, jede Feder weiß gespitzt, unterseits alle grauweiß; die Kehle ist gelblichweiß, die Brust und die ganze übrige Unterseite sind rothgelb mit kleinen schwarzbraunen Schaftflecken; der Schnabel ist horngrau, am Grunde gelblichweiß, mit gelber Wachshaut; die Augen sind braun, mit nacktem, gelbem Ring; die Füße sind gelb mit weißgelblichen Krallen. Die Länge beträgt 30 bis 32 cm; Flügelbreite 65 bis 68 cm; der Schwanz 13 bis 14 cm. Das Weibchen ist an der Stirn grauweiß; die ganze Oberseite ist hellbräunlichrostroth, dunklerbraun gebändert; der Schwanz ist hellröthlichbraun, mit dunklerblauen Querbinden und weißer Spitze; die Kehle ist weiß; die Brust ist röthlich mit dunkelen Schaftstrichen und die übrige Unterseite ist gelblich mit dunkelbraunen Spitzflecken; die Schenkelgegend ist ebenso mit dunkelbraunen Schaftstrichen gezeichnet. Das Jugendkleid ist dem des alten Weibchens gleich, jedoch im ganzen düstrer gefärbt.
Da sich die Verbreitung dieser Art vornehmlich über den Süden von Europa erstreckt und er bei uns in Deutschland nur als Wandergast vorkommt, so muß ich es bei der Beschreibung bewenden lassen. Meistens wird er mit dem Thurmfalk verwechselt, aber er ist an der braunen Oberseite und besonders durch die hellen Krallen an den Fängen bei beiden Geschlechtern von vornherein zu unterscheiden. Er heißt auch Abendfalk, gelbklauiger Falk, italienischer Thurmfalk, Naumann's Falk und kleinster Rothfalk.
welcher gleichfalls im Süden und Osten von Europa und in Mittelasien heimisch ist, kommt noch seltner denn der vorige als Wandergast nach Deutschland, doch will man ihn hier und da, so namentlich in Ostpreußen, als Brutvogel festgestellt haben.
Er ist am ganzen Kopf, Rücken und den großen Flügeldecken dunkelschiefergrau; der Schwanz ist dunkel-, fast schwärzlichblau; Brust und Bauch sind hellaschgrau, Schenkelgegend und Hinterleib sind rostroth; der Schnabel ist horngrau, am Grunde gelb und die Wachshaut ist roth; die Augen sind braun, von einem nackten rothen Kreis umgeben; die Füße sind roth, mit gelblichweißen, dunkelgespitzten Krallen. In der Größe bleibt auch er ein wenig hinter dem Thurmfalk zurück (Länge 31 cm; Flügelbreite 78 cm; Schwanz 14 cm). Das Weibchen ist lebhafter gefärbt, an Stirn und Wangen gelblichweiß, Augengegend schwärzlich, Oberkopf und Nacken roströthlichbraun; der Oberrücken ist schwärzlich gebändert; die ganze übrige Oberseite und auch der Schwanz ist heller und dunkler graublau gebändert, über den letztern ziehen sich zahlreiche dunkele Querbinden; die ganze Unterseite ist hellergelblichrostroth mit dunkleren Wellenlinien gezeichnet; der nackte Augenkreis und die Schnabel-Wachshaut sind orangeroth; die Füße sind gelblichorangeroth. Das Jugendkleid ist an der Oberseite dunkelbraun, jede Feder gelblichrostroth gesäumt; der Schwanz ist mit breiten dunkelen Querbändern gezeichnet; die Kehle ist weiß, die ganze übrige Unterseite ist roströthlichgelbweiß und braun längsgefleckt; die nackte Augenhaut und Wachshaut sind hellröthlichgelb.
Neben den Verwandten ist dieser kleine Falk auf den ersten Blick an der rothen Färbung des nackten Augenkreises, der Schnabel-Wachshaut und der Füße zu erkennen. In der Ernährung sowol wie im ganzen Wesen und in der Lebensweise ist er mit unserm Thurmfalk übereinstimmend und ebenso nützlich. Zuweilen soll er, sich in großen Scharen ansammelnd, umherschweifen. Das Nest soll meistens in hohlen Bäumen stehen oder auch in Dohlen- und Krähennestern errichtet werden. Weitere Namen hat man ihm nicht beigelegt. In der Gefangenschaft als Käfigvogel kommt er bei uns kaum vor. Einmal im Lauf der Jahre hatte ihn der Händler Fr. Zivsa in Troppau zur großen Vogel-Ausstellung des Vereins »Ornis« in Berlin gesandt.