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Aus einer größern, in mehreren Welttheilen verbreiteten Gruppe, Hopfe ( Upupidae), haben wir hier nur eine kleine Sippe Wiedehopfe zu betrachten, welche wiederum nur in einer einzigen Art bei uns in Deutschland heimisch sind. Diese lassen sich an folgenden Merkzeichen unterscheiden:
Ihr volles Gefieder ist weich und locker und der verhältnißmäßig kleine spitze Kopf ist mit einem beweglichen Schopf, bzw. einem fächerähnlichen Federbusch geziert. Der Schnabel ist lang und dünn, etwas zusammengedrückt und mäßig gekrümmt. Die verhältnißmäßig großen und breiten Flügel sind gerundet, von den zehn großen Schwingen ist die erste verkürzt und die vierte am längsten. Der mittellange, breite Schwanz besteht gleichfalls aus zehn Federn und ist gerade abgeschnitten. Die Füße sind kurz, sehr kräftig, mit mittellangen Zehen, welche kurze, stumpfe Krallen haben; drei Zehen stehen nach vorn, eine nach hinten.
Tafel XIII, Vogel a.
Tafel XIII. Zwischen Wald und See:
a. Wiedehopf (Upupa epops, L.),
b. Rohrammer (Emberiza schoeniclus, L.),
c. Braunkehliger Wiesenschmätzer (Pratincola rubetra, L.)
Des »Kukuks Küster« begrüßt uns im tiefen, dunkeln Walde. Unfern im Gebüsch hören wir sein förmlich geheimnißvolles hup, hup, hup, hup, vergeblich aber spähen wir aus nach dem seltsamen Rufer, denn gleich darauf Verhallen seine Laute in weiter Ferne. Und wenn dann vom Vorholz her der Kukuksruf voll und wohllautig erschallt und das hup, hup gleichsam antwortend tönt – so können wir es uns wol denken, weshalb der Volksmund den Wiedehopf des Kukuks Küster nennt. Aber dieser Vogel dünkt uns in seiner Erscheinung wie in seinem ganzen Wesen so absonderlich, daß wir uns seine vielen anderen Namen auch unschwer erklären können; er heißt noch Baumschnepfe, Gänsehirt und -Vogel, Kukukslakai und -Knecht, Küstervogel, Dreck-, Herr-, Koth- und Stinkhahn oder-Vogel, Hupphupp, Rothkrümer, europäischer, gebänderter und gemeiner Wiedehopf, Wiesenhupper. Er tritt uns als ein mehr wunderlicher denn schöner Vogel entgegen.
Am Kopf schwachröthlichgelbgrau, hat er einen Federbusch, welcher aus zwei Reihen beweglicher, dunkelbräunlichgelber Federn mit schwarzem Ende und weißem Fleck gezeichnet, besteht, die aufgeklappt einen schönbunten Fächer und zusammengelegt eine spitze Tolle bilden; die ganze Oberseite ist düstergelbgrau, am Rücken und den Flügeln schwarzweißgelb quergestreift; der Hinterrücken ist schwarz, bräunlichgelb quer gerändert; der Bürzel ist weiß; der Schwanz ist schwarz, in der Mitte mit einem breiten weißen Bande; die ganze Unterseite ist düstergelblichweiß, am Bauch mit schwarzen Längsflecken; der Schnabel ist schwarzbraun mit schwarzer Spitze, die Augen sind dunkelbraun und die Füße bleigrau. In der Größe steht er einer kleinen Haustaube gleich (Länge 27,5 cm, Flügelbreite 46 cm, Schwanz 10 cm). Das Weibchen ist in allen Farben matter, in der Gestalt ein wenig kleiner und hat einen kürzern Federbusch.
Verhalten wir uns regungs- und lautlos, so sehen wir auf der kleinen Waldwiese vor uns, wie ein Wiedehopf im leichten hurtigen Fluge fast geradlinig daherkommt, unweit von unserm Sitz einfällt und schrittweise, gewissermaßen würdevoll, fortwährend kopfnickend hin und her läuft. Bei einer unwillkürlichen Bewegung unsrerseits fliegt er schleunigst zum höchsten Gipfel eines Baums empor und setzt sich hier auf einen starken Ast, um möglichst im Blätterdickicht verborgen etwaiger Gefahr zu entgehen. Bald aber schießt er hervor, denn ein zweites Männchen seiner Art ist herbeigekommen und nun befehden sie einander unter heiserem Geschrei und mit seltsamen Geberden, bis der Schwächere besiegt und vertrieben ist. Der Zurückgebliebne kommt dann wieder zur Wiese herab, lockt rrä rrrä und schär sein Weibchen und beginnt nun ein gar wunderliches Liebesspiel; unter fortwährendem eifrigen Kopfnicken und mit Verbeugungen, Auf- und Niederklappen der Tolle, gehobenen Flügeln, ruckweise gespreiztem Schwanz und senkrecht hinabgehaltnem Schnabel umtrippelt er dasselbe. In seinem überaus furchtsamen und scheuen Wesen unterbricht er aber alle Augenblicke das Liebesspiel, und die geringste Bewegung, das Vorüberfliegen eines kleinen Vogels, das Nahen einer Krähe, ja selbst ein Windstoß, der durch die Blätter rauscht, bringen ihm Schreck und Beängstigung. Plötzlich drückt er sich flach auf die Erde, breitet Schwanz und Flügel fächerartig aus, biegt den Kopf zurück, sodaß der Schnabel gerade emporsteht und bleibt so regungslos liegen – um nämlich den furchtbaren Feind, einen Habicht nämlich, den sein scharfes Auge in der Ferne wahrgenommen, zu täuschen, sodaß derselbe ihn von dem Laubhaufen daneben nicht unterscheiden könne. Seine Nahrung besteht vorzugsweise in allerlei kriechenden und laufenden Kerbthieren nebst deren Larven, ebenso in Würmern, Weichthieren, Schnecken u. a., und all' dergleichen sucht er mit dem langen spitzen Schnabel unter Blättern und Erdklümpchen aus Schmutz und Unrath hervor. Harte Kerbthiere, wie besonders die Käfer, staucht er auf die Erde, um ihre harten Flügeldecken, Köpfe, Schilder, Füße zu entfernen und dann schluckt er sie, zuweilen sie emporwerfend und auffangend, hinunter. In seiner überaus nützlichen Thätigkeit können wir ihn vom Ende März, wenn er einzeln oder parweise angekommen, beobachten, und zwar in fast ganz Europa bis Schweden; auch auf den kanarischen Inseln, in Nordafrika, Mittelasien und Nordamerika ist er verbreitet. Bei uns in Deutschland finden wir ihn nur hier und da etwas häufiger, meistens aber selten und in manchen weiten Strecken garnicht. Vorzugsweise siedelt er sich immer dort an, wo in ebner Gegend lichtes Gebüsch nebst hohen Bäumen mit Wiesen und Triften wechselt, sodann auch auf einzelnen alten Bäumen im Felde und in den Weiden an Flußufern. Hier in einem Weidenkopf oder auch unter hohlen Wurzeln, ja selbst zwischen Erdklumpen und Grasbüscheln, in Steinhaufen, Erdlöchern und Felsenritzen, sogar in Mauerlöchern an Ruinen oder anderen alten Gebäuden, ist das Nest aus groben Halmen, Wurzeln, Fasern, Fäden u. a. geformt und mit Kuhmist ausgemauert. Es enthält fünf bis neun Eier, welche sehr veränderlich, gelbgrünlich, röthlich- oder bräunlichgrau und fein weiß gepunktet sind und vom Weibchen allein in 16 Tagen erbrütet werden. Das Männchen füttert sein Weibchen und späterhin auch die Jungen gemeinsam mit dem letztern. Das Jugendkleid ist fahler gefärbt und matter gezeichnet; Schnabel und Federbusch sind kürzer. Wenn wir im Mai ein Wiedehopf-Nest finden, so erfüllt uns dasselbe bei näherer Betrachtung mit Ekel und Abscheu. Da die Alten nämlich die Entlerungen der Jungen nicht entfernen, so gehen dieselben in Verwesung über und entwickeln einen scheußlichen Gestank, welcher den alten und jungen Vögeln anhaftet und den sie erst, wenn die letzteren längst flügge sind, allmälig wieder verlieren. Gegen den September hin zieht die Familie bereits langsam südwärts, zur Überwinterung bis nach Afrika. Um seines komischen Aussehens und drolligen Wesens willen wird der Wiedehopf auch zuweilen als Stubenvogel gehalten. Man fängt ihn auf Leimruten, doch läßt er sich nur schwer eingewöhnen und stirbt meistens; leichter ist es, aus dem Nest gehobene Junge aufzuziehen, doch muß man sie mit Ameisenpuppen, Käsequark und in wurmähnliche Stücke geschnittnem rohem oder gekochtem Herz lange Zeit stopfen und dann an ein Mischfutter aus erweichtem Weißbrot und den erwähnten Zugaben nebst Mehlwürmern bringen. So haben wir auf den Ausstellungen des Vereins »Ornis« in Berlin mehrmals ungemein zahme und drollige Wiedehopfe vor uns gehabt.