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Die Trappen ( Otididae).

Auf meilenweite Entfernung hin liegt die Landschaft eben und einförmig vor uns, kaum hier und da unterbrochen durch geringe hügelige Erhebungen in wellenförmigen Abständen. Während bis vor kurzem wenigstens das im linden Hauch wogende Getreide ein wechselvolles Bild gewährte, sind jetzt die Stoppelfelder ler und öde. Am fernsten Ausblick, gleichviel nach welcher Seite hin, umrahmen dunkle Waldstreifen die Landschaft und nur aus einer Richtung her blinkt uns das Wasser eines Landsees silbern entgegen. So fahren wir Stunden hindurch den Landweg entlang, während unsere Blicke über das graue Einerlei hinschweifen. Da plötzlich fesselt unsre Aufmerksamkeit ein absonderlich schönes Bild; eine Anzahl stattlicher Vögel erheben sich von den Haferstoppeln, auf denen sie lagerten, und obwol wir in sehr weiter Entfernung vorbeifahren, schreiten sie unruhig hin und her und schauen mit hocherhobenen Köpfen nach uns aus. Uns aber ergreift die Jagdlust, denn die Vögel vor uns bilden, selbst für den ältern, erfahrnen Jäger, ein seltnes, reizvolles Wild. Im weitausgreifenden Bogen schwenken wir vom Wege ab und umkreisen nun das Stoppelfeld, indem wir uns immer näher an das Wild heranzupirschen suchen. Und das scheue Wild, welches sonst beim Nahen jedes Menschen schon in großer Ferne abstreicht, hält jetzt wirklich aus, bis wir etwa auf 200 Schritt hin eine Kugel sicher anzubringen vermögen. Großtrappen sind es und ein stattlicher Hahn bricht flügelschlagend zusammen, während die übrigen zunächst hurtig laufend und dann im sausenden Fluge davonkommen. Das Jagdvergnügen ist freilich bei der Erlegung die Hauptsache, denn eine alte Trappe ist kaum genießbar und auch das Wildbret der Jungen ist nicht besonders schmackhaft.

Die Trappen machen auf den ersten Blick den Eindruck von Hühnervögeln und ältere Schriftsteller haben sie auch in der That zu diesen gezählt; in neuerer Zeit gesellt man sie indessen den Stelzvögeln zu, indem man sie als ein Mittelglied zwischen beiden erachtet und als Hühnerstelzen bezeichnet. Sie unterscheiden sich durch folgende Kennzeichen.

Ihr Körperbau ist stämmig und kraftvoll und das Gefieder hart und glatt anliegend. Der Kopf ist verhältnißmäßig groß, länglich, mit flacher Stirn und dickem Hals, an beiden Seiten (Wangen) mit je einem Büschel zerschlissener Federn besetzt, welche einen Bart bilden. Der Schnabel ist stark und hart, aber verhältnißmäßig kurz, am Grunde hoch und breit, an der Spitze ein wenig zusammengedrückt, gewölbt und etwas gekrümmt, mit länglichen nicht verdeckten Nasenlöchern. Die Flügel sind stumpfgerundet, etwas gewölbt und von den breiten Schwingen ist die dritte am längsten. Der aus 20 Federn bestehende Schwanz ist kurz und gerundet. Die Füße sind vorzugsweise kräftig, mittellang, mit drei kurzen, dicken, sämmtlich nach vorn gerichteten und am Grunde mit einer schmalen, faltigen Haut verbundenen Zehen. Die Henne ist schlichter gefärbt und auch kleiner.

Über alle Welttheile, außer Amerika, erstreckt sich ihre Verbreitung, und zwar leben sie theils als Stand-, theils als Strichvögel. Ihren Aufenthalt bilden nur ebene Getreidefelder; Wald und Gebirge vermeiden sie durchaus. Hinsichtlich der Ernährung sind sie mit den Hühnervögeln übereinstimmend. Ob sie parweise oder in Vielehe leben, ist noch nicht mit voller Sicherheit festgestellt, doch geben alle bedeutenderen Vogelkundigen erstres an. Immer steht ihr Nest in einer flachen Vertiefung, aus Halmen und Gras zusammengescharrt, mit einem Gelege von 2 bis 6 Eiern, welche vom Weibchen allein erbrütet werden. Die Jungen im Daunenkleide verlassen sogleich das Nest und werden von der alten Henne gleicherweise, wie von der Glucke die Küchel bei den Hühnervögeln, geführt. Im ersten Jugendkleid sind sie der alten Henne ähnlich. Alle Bewegungen der Trappen sind gewissermaßen gemessen und wie würdevoll; sie gehen schrittweise, rennen bei Verfolgung überaus hurtig, fliegen nach einem Anlauf empor und dann im kraftvollen und ausdauernden Fluge, Kopf und Hals nebst den Beinen weit ausstreckend, auch ziemlich hoch. Für die Liebhaberei haben lebende Trappen nur eine beiläufige Bedeutung, denn sie lassen sich, wenn alt eingefangen, nur schwierig oder kaum am Leben erhalten, während man junge, wenn auch allerdings leichter aufziehen, so doch nur selten erlangen kann; sie sind daher eigentlich einzeln selten in zoologischen Gärten, kaum aber auf einem Hühnerhof, im Park u. a. zu finden.


Die große Trappe ( Otis tarda, L.).

Als der größte und stattlichste aller unserer einheimischen freilebenden Vögel ist der Trappen-Hahn in folgender Weise gefärbt und gezeichnet.

Der Oberkopf ist dunkelaschgrau, mit einem rothbraunen Mittelstreif vom Schnabel bis zum Nacken, der ganze übrige Kopf und Hinterhals sind hellaschgrau, der Nacken ist roströthlich; der übrige Oberkörper ist gelblichrostroth, schwarz gestreift und quergebändert; die großen Schwingen sind schwarzbraun mit weißem Schaft, die großen Flügeldecken sind gelblichroth, schwarz gebändert, die mittleren Flügeldecken und der Flügelrand sind reinweiß, die übrigen Flügeldecken sind hellaschgrau; die Schwanzfedern roströthlichgelb mit weißem Außensaum, welcher nach der Reihenfolge von innen nach außen immer breiter wird, sodaß die äußersten Schwanzfedern reinweiß, während die beiden mittelsten aschgrau und rothbraun gebändert sind, alle Schwanzfedern sind breitweiß gesäumt und von dieser Zeichnung aus erstreckt sich ein schwarzes Querband; der Vorderhals ist reinweiß und vom Schnabelwinkel hängt ein hellgrauer Bart zu beiden Seiten herab, welcher von langen, zerschlissenen Federn gebildet ist; an jeder Seite des Oberhalses ist ein nackter violetter Fleck; der Bauch und die ganze übrige Unterseite ist gelblichgrauweiß; der Schnabel ist bräunlich- bis schwärzlichhorngrau, die Augen sind dunkelbraun bis braungelb und die Füße grau. Das Männchen hat etwa Truthahngröße (Länge 75 bis 100 cm; Flügelbreite 200 bis 240 cm; Schwanz 25 bis 28 cm.) Die Henne hat gar keinen oder doch einen auch im Alter viel kürzern Bart; die nackten Stellen am Halse sind bräunlichweiß; sie erscheint mehr gefleckt als gestreift; ihre Größe ist beträchtlich geringer.

In fast ganz Europa und einem großen Theil Asiens heimisch, kommt die Großtrappe auch in Nordafrika vor; in Deutschland ist sie fast allenthalben bereits recht selten geworden, dagegen zeigt sie sich in Ungarn und Galizien noch zahlreich. Bei uns ist sie Standvogel, welcher jedoch nach der Brut zu mehreren Köpfen beisammen in einem weiten Kreise umherstreicht. Nur auf ebenen, weiten Strecken, ohne Gebüsch oder Wald, und vorzugsweise auf fruchtbaren Getreidefeldern ist sie überhaupt zu finden. Leises Schnarren läßt sie als Lockton hören; nach Naumanns Angabe aber auch einen tiefen, dumpfen Ruf, der wie huh, huh, huh erklingt. Auch der Trappenhahn entfaltet, und zwar im April, ein Liebesspiel, welches dem der Hühnervögel ähnlich ist, indem er mit aufgeblasner Kehle und verdicktem Hals, mit gesträubtem Gefieder, gesenkten Flügeln und gespreiztem Schwanz gleichsam würdevoll vor der Henne auf und ab schreitet und dabei allerlei wunderliche Bewegungen ausführt. Dann kämpfen die Hähne auch mit einander und jedes Pärchen hält sich beisammen. Zu Ende des Monats Mai steht das Nest, immer inmitten des aufschießenden Getreides versteckt, in einer flachen Erdvertiefung, mit einem Gelege von nur 2 bis 3 Eiern, welche fahlolivengrün sind, dunkler gefleckt, und in 30 Tagen von der Henne allein erbrütet werden. Durch vorsichtiges Heran- und Abschleichen vermeidet die letztre die Brut zu verrathen, und beim Nahen eines Menschen oder andern Feinds bemüht sie sich, denselben durch Verstellungskünste, wie solche die Hühnervögel u. a. üben, abzulenken; trotzdem verläßt sie namentlich die noch nicht stark bebrüteten Eier außerordentlich leicht. Die Jungen im bräunlichen Nestflaum und schwarz gefleckt, laufen sogleich aus dem Nest und verbergen sich im dichtesten Getreide und Gras, sorgsam geleitet und überwacht von der alten Henne. Erklärlicherweise ist es für solche große Vögel überaus schwierig, in reich bevölkerten Gegenden ihre Brut glücklich aufzubringen und daher können die Trappen auch nur inmitten sehr weiter Flächen mit reichem, hoch aufschießendem Getreide nisten und da sie auch in diesem, infolge der allenthalben stets eifriger betriebnen, alles ausnutzenden Landwirthschaft, kaum mehr Stätten finden, wo sie ungestört sind, so werden diese stattlichen Vögel überall bei uns immer seltner. Durch ihre Ernährung, welche in allerlei Getreide, den Körnern wie der aufsprießenden Sat, besteht, verursachen sie auch beträchtlichen Schaden, zugleich vernichten sie zahlreiche Lerchen- und selbst Wachtel- und Rebhühnernester, während sie andrerseits allerdings zuweilen auch massenhaft Heuschrecken und nicht minder Mäuse fressen. Übrigens gehört die Trappe zur sog. hohen Jagd und wird, wie schon erwähnt, viel mehr um des Vergnügens als des Bratens willen, welcher letztre, wenigstens beim alten Vogel, keineswegs vorzugsweise schmackhaft ist, erlegt. Nur selten findet man die Großtrappe einzeln in einem zoologischen Garten. Sie wird Trappe, Großtrappe oder bloß Trappe und nichts weniger als zutreffend auch Trappgans genannt.


Die Zwergtrappe ( Otis tetrax, L.).

Zu den merkwürdigsten Erscheinungen in unsrer heimischen Vogelwelt gehört diese Trappe, denn sie hat für die neuere Vogelkunde und die Liebhaberei zugleich eine ganz absonderliche Bedeutung erlangt. Ursprünglich heimisch in den Steppen und ähnlichen Landstrichen des südlichen und östlichen Europa, Mittel- und Westasien und Nordwestafrika, ist sie von Zeit zu Zeit auch in nördlicheren Gegenden und zumal in Deutschland als Irrgast vorgekommen, aber stets bald wieder verschwunden, bis sie seit dem Jahr 1870 in Thüringen, auf der hochgelegnen fruchtbaren Ebene, um Erfurt, Langensalza, Kölleda u. a. sich auch als Brutvogel angesiedelt hat. Wenn sie seitdem dort wirklich heimisch geworden und als Zugvogel alljährlich wieder erscheint, so verdanken wir, die Freunde der gefiederten Welt, diesen schönen Erfolg in der Einbürgerung des hier bis dahin fremden Geflügels auf unseren Fluren den Bestrebungen des als Vogelfreund und Forscher gleicherweise hochgeschätzten Pfarrers W. Thienemann, welcher, als Vorsitzender des »Deutschen Vereins zum Schutz der Vogelwelt«, leider viel zu früh verstorben ist. In Wort und Schrift, Aufruf und Anleitung, wirkte er für die Schonung und den thatkräftigen Schutz des Fremdlings, und wer jetzt im schönen Thüringen verständnißvoll sich umblickt und diese Trappen in mehr oder minder vielköpfigen Völkern aufzufinden und zu belauschen vermag, wird des guten und liebenswürdigen Thienemann wehmüthig und mit herzlichem Dank zugleich gedenken.

Die Zwergtrappe zeigt sich bei näherer Betrachtung als ein hübscher und zierlicher Vogel, welcher mit einem beweglichen kurzen Schopf am Hinterkopf und noch mehr am Hinterhals geziert ist. Sie ist am Kopf hellbräunlichgelb, schwarz gefleckt; an der ganzen Oberseite ist sie bräunlichgelb mit schwarzen und braunen Punkten, Zickzack- und Wellenlinien gezeichnet; die ober- und unterseitigen Schwanzdecken sind weiß; die Schwingen sind am Grunde weiß, am Ende dunkelbraun, die großen Deckfedern und der Flügelrand sind weiß; der Schwanz ist am Grunde braun gefleckt, am Ende breitweiß mit einer dunkelbraunen Querbinde, seine beiden mittelsten Federn sind bräunlichgelb mit dunkleren und helleren braunen Punkten, Stricheln und Wellenlinien gezeichnet; Wangen und Kehle sind blaugrau; Vorderhals und Oberbrust sind schwarz, über den ersten zieht sich seitlich ein breitweißes und über den letztern ein schwarzes Band; der ganze Unterkörper ist weiß, die Brustseiten sind bräunlichgelb, braun und schwärzlich gezeichnet; der Schnabel ist horngrau mit schwarzer Spitze, die Augen sind gelb und die Füße sind fahlgelb. Die Henne ist am ganzen Oberkörper dunkelroströthlichgelb, schwarz gefleckt, der Oberhals ist weißlich getropft und schwärzlich schaftfleckig; die Brustseiten sind weiß, schwarzbraun bespritzt. Die Größe ist mit der eines Haushuhns übereinstimmend (Länge 50 cm; Flügelbreite 95 bis 100 cm; Schwanz 13 bis 15 cm).

Nach der Schilderung Thienemanns kommt die Zwergtrappe zu Mitte oder gegen das Ende des April, zuweilen erst zu Anfang Mai, familienweise oder in kleinen Scharen in Deutschland an und nun verbreiten sich die Pärchen weithin über die Landschaft, wobei sie aber nicht wie die Großtrappe bergiges Gebiet durchaus vermeiden. Infolge ihrer Scheu und Vorsicht hält es schwer, sie anders als von einem Versteck aus und in der Weite mit Hilfe eines guten Fernrohrs zu beobachten. Bei Annäherung eines Menschen stehen sie zunächst unbeweglich still, strecken Kopf und Hals in die Höhe, fliegen aber meistens schon in der Entfernung von mehreren hundert Schritten auf und umkreisen den Störenfried, wobei sie den harmlosen Fußgänger und den Jäger sicher zu unterscheiden wissen; die Zwergtrappe sieht und wittert auch vortrefflich. Wo das Pärchen einfällt, bleibt der Hahn noch lange aufrecht stehen, um nach etwaiger Gefahr auszuspähen, während die Henne sogleich nahrungsuchend umhergeht. In Trupps fliehen sie den Menschen auf weite Entfernung, einzelne dagegen lassen sich zuweilen sehr nahe ankommen, indem sie sich fest auf den Boden drücken. Man will beobachtet haben, daß sie einzeln, wol der Sicherheit wegen, gern in der Nähe der Großtrappen verweilen, sich aber niemals unter dieselben mischen. Im anscheinend unsichern Fluge, welcher dem der Wildenten ähnlich ist, Kopf und Hals, sowie die Füße weit ausgestreckt, schwirren sie hurtig mit schnellem Flügelschlag dahin und verursachen dabei ein schallendes Geräusch. Beim Abzug im Oktober fliegt die Schar mit langsamen Flügelschlägen hoch im weiten Kreise von dannen. Der Hahn läßt einen seltsam ›zitternden‹ und ›knitternden‹ Laut hören, welcher wie terrks oder prut erschallen soll. In der zweiten Hälfte des Monats Mai geht die Parung vor sich und das Weibchen scharrt das Nest, stets in einem Klee- oder Esparsette-Felde, in einer flachen Erdmulde aus Stengeln und Grasblättern zusammen, sogar mit erhöhtem Rand und, wie der Herr Berichterstatter sagt, nett und zierlich ausgelegt. Das Gelege besteht in 3 bis 5 Eiern, welche glänzend dunkelolivengrün und verwaschenbraun gefleckt sind. Während der Hahn sich stets in der Nähe des Nests aufhält, brütet die Henne ungemein fest und führt die im Nestflaum braun- und gelbbunten Küchel, welche nicht wie Hühnerküchel piepen, sondern ähnlich wie kleine Puten jaupen, überaus sorgsam. Da die Ernährung der Zwergtrappe während ihres Aufenthalts bei uns und insbesondre die ihrer Jungen vorzugsweise in allerlei Kerbthieren, Gewürm, Schnecken u. a., sowie grünen Blättern besteht, während sie am reifenden Getreide und dergleichen kaum Schaden verursacht, so ist sie für die Landwirthschaft bedeutsam nützlich. Umsomehr ist es zu bedauern, daß namentlich beim Kleemähen wol die meisten ihrer Nester zerstört werden und sie daher leider nicht zu einer bedeutenden Vermehrung in Deutschland gelangen kann. Bis jetzt sehen wir sie bei uns noch nirgends in der Gefangenschaft, während wir doch wünschen müssen, daß man sie einerseits in den zoologischen Gärten und andrerseits auch hier und da auf den Geflügelhöfen und in Parks halten möge. Durch unsere großen Geflügel- und Vogelhändler würde sie aus Ungarn oder Spanien u. a. unschwer zu beziehen sein.


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