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Entvögel ( Anatidae)

oder Nagel-, Sieb- oder Zahnschnäbler ( Lamellirostres) fassen manche Vogelkundigen die Schwäne, Gänse, Enten und Säger zusammen; ich muß es jedoch bei dieser Erwähnung bewenden lassen.

Die Schwäne ( Cygninae)

haben folgende besonderen Kennzeichen:

Der Schnabel ist wenig länger als der Kopf, am Grunde höher als breit, an der obern Spitze mit stumpfem Nagel, an den Rändern des Ober- und Unterschnabels mit Querblättchen oder Zähnchen, den sog. Lamellen, besetzt, welche dazu dienen, daß beim Schnattern und Grundeln, während das Wasser durchläuft, die Nahrung zurückbleibt; an der Wurzel ist der Schnabel nackt oder höckerig aufgetrieben. Die Wachshaut ist weich und empfindlich; den Schnabel und die Augen umgibt eine nackte Haut, und ebenso ist die Zügelgegend nackt. Der Kopf ist ein wenig höher gewölbt als bei den Verwandten und der Hals ist sehr lang. Die Flügel haben verhältnißmäßig kurze Schwingen. Der Schwanz ist kurz und hat 18–24 Federn. Die stämmigen kurzen Füße stehen sehr weit hinten und haben sehr große Schwimmhäute. Das Gefieder ist ungemein reich, voll und weich, bei den nördlichen Arten rein weiß gefärbt. Die Geschlechter sind übereinstimmend; das Jugendkleid ist grau.

Ihre Verbreitung erstreckt sich über die gemäßigte und kalte Zone der ganzen Erde, und sie leben theils als Strich-, theils als Zugvögel. Wasserthiere aller Art, Fische, Kerbthiere, Würmer, Weichthiere u. a., sowie auch Pflanzenstoffe, bilden ihre Nahrung, und diese suchen sie grundelnd, indem sie den Kopf tief hinab tauchen und mit dem Schnabel auf dem Boden des Gewässers umhersuchen. Ausschließlich Wasservögel, die aber niemals tauchen, sind sie auf dem Lande ungeschickt und können von hier aus kaum einmal auffliegen. Alle ihre Bewegungen überhaupt sind ruhig, gleichsam gemessen. Sie sind nur bei Tage thätig. Zur Brutzeit leben sie parweise und bewohnen dann nur Süßwasser im Binnenlande. Immer dicht am Wasser oder schwimmend auf demselben, tief inmitten des Schilf- und Rohrdickichts, wird das Nest als ein umfangreicher Haufen aus allerlei Pflanzenstoffen aufgeschichtet, und in 6–8 Eiern, welche düsterweiß oder grünlich sind, besteht das Gelege; es wird vom Weibchen allein in 5–6 Wochen erbrütet. Beide Gatten des Pärchens führen und vertheidigen die Jungen, welche ähnlich wie Güsselchen piepen; die Stimme der Alten dagegen besteht in gänseähnlichem Zischen oder dumpfem Knurren; einige Arten aber lassen auch zeitweise starke weithin schallende Trompetentöne hören. Nach der Brut sammeln sie sich zu mehr oder minder großen Scharen an und streichen dann nach weiten Gewässern, meistens nach dem Meer. Alle Schwäne hält man mit Vorliebe in der Gefangenschaft, und sie dürfen zu den beliebtesten und mit Recht schätzenswerthesten Parkvögeln gezählt werden.


Der Höckerschwan ( Cygnus olor, Gmel.).

Nur diese Art ist bei uns eigentlich heimisch und nistet regelmäßig; meistens Höckerschwan, doch auch gemeiner oder stummer Schwan genannt, sehen wir den schönen und stattlichen Vogel bei uns gezähmt und gezüchtet auf Weihern und Teichen viel häufiger, als er noch in der Freiheit vorkommt. Seine Verbreitung erstreckt sich über das ganze nördliche Europa und Nordasien; bei uns in Deutschland ist er als Brutvogel nur noch auf sehr ausgedehnten geeigneten Gewässern im Norden und Nordosten zu finden.

Er ist am ganzen Körper gleichmäßig reinweiß; der Schnabel ist orange- bis tiefroth mit einem großen schwarzen Höcker am Grunde des Oberschnabels, also an der Stirn; Schnabelnagel, Nasenlöcher, Zügel und Augenrand sind gleichfalls schwarz, die Augen braun und die Füße schwarzbraun. Die Größe ist bekannt (Länge 160–180 cm; Flügelbreite 250–260 cm; Schwanz 16–18 cm). Das Weibchen ist übereinstimmend gefärbt, nur beträchtlich kleiner; sein Stirnhöcker ist geringer und der Hals dünner und kürzer. Das Jugendkleid ist bräunlichgrau; Schnabel und Füße sind bleigrau, und der erstre ohne Höcker. Die Verfärbung zeigt im zweiten Jahr das Jugendkleid scheckig mit schwarzem Schnabel und geringem Höcker, sowie schwarzen Füßen; im dritten Jahr wird das Gefieder erst reinweiß. Die Eier sind grünlichweiß.

Im März kehren die Schwäne in Familien oder parweise zum Nistort zurück, um im Oktober oder November wieder abzuziehen. Infolge vielfacher Verfolgung sind die wilden Schwäne überaus scheu und vorsichtig. Für gewöhnlich lassen sie nur ein gänseähnliches Zischen hören, zuweilen aber laute, trompetenartige und nicht unangenehme Rufe kgiurr oder keiurr. Da diese Art nach Fritsch keine Fische fressen soll, während sie dagegen auf den Teichen das zu starke Verwachsen hindert und das Wasser reinhält, so ist sie auch um deswillen geschätzt. Junge Schwäne dürfen als wohlschmeckend gelten, die alten sind fast ungenießbar. Bekanntlich wird die Haut als werthvolles Pelzwerk verarbeitet.


Der unveränderliche Schwan ( Cygnus immutabilis, Yarr.)

wird von einigen Vogelkundigen nur als Spielart des Höckerschwans, von anderen als selbstständige Art betrachtet.

Er ist von jenem nur durch Folgendes verschieden: Der Schnabel ist tiefer und reiner roth, mit bemerkbar kleinerm Höcker; die Füße sind grau oder grünlich; namentlich aber kennzeichnend ist die Färbung des Jugendkleids, welches reinweiß ist mit elfenbeinfarbnem Schnabel, ohne Spur von Höcker und mit hell fleischfarbnen, silbergrau scheinenden Füßen. Seine Verbreitung soll mehr auf den hohen Norden beschränkt sein, doch dürfte er auch bei uns häufiger vorkommen, als man annimmt, indem die meisten Beobachter ihn nicht zu unterscheiden vermögen.


Der Singschwan ( Cygnus musicus, L.)

ist ebenfalls reinweiß; der Schnabel ohne Höcker ist gelb; an der Spitze schwarz; die Zügel und nackte Haut um den Schnabel nebst den Nasenlöchern sind gelb; die Füße sind schwarz. Die Größe ist bemerkbar geringer, als die des vorigen (Länge 160 cm; Flügelbreite 250 cm; Schwanz 20 cm). Das Weibchen ist kaum zu unterscheiden, nur wenig kleiner. Das Jugendkleid ist grau, an Kopf und Rücken schwachbräunlich, mit röthlichgrauen Füßen. Die Eier sind reinweiß, nur mit schwachem grünlichen Schein. Auf den ersten Blick ist dieser Schwan neben den Verwandten durch das Fehlen des Schnabelhöckers, die abweichende Färbung des Schnabels, reingelbe Wachshaut, sowie kürzern und dickern Hals zu erkennen.

Seine Heimat ist der hohe Norden, von wo aus er, besonders in strengen Wintern, in die Binnenländer und zuweilen tief südwärts hinabstreicht. Als Wanderer kommt er im größten Theil Deutschlands häufiger vor als der vorige; nistend aber ist er nur in seltenen Fällen, zu Ende April oder Anfang Mai, beobachtet. Seine Rufe lauten uhg, uhg, und bekanntlich hat der Volksmund aus ihnen und dem weit daherhallenden Sausen beim Vorüberfliegen die Fabel vom »Schwanengesang« erdichtet, welchen der Vogel im Sterben ertönen lassen soll u. s. w. Daher schreibt sich auch die Bezeichnung Singschwan. Naumann gibt seine Rufe durch killklii und ein sanfteres ang wieder und Pallas bezeichnet dieselben, welche in der Nähe gellend und rauh erschallen, von fern lautend als lieblich wie der Klang von Silberglocken aus der Ferne. Auch andere Beobachter bestätigen dies. In allem übrigen ist dieser mit dem Höckerschwan übereinstimmend, doch wird er weniger als Parkvogel bei uns gehalten und zwar, weil er sich schwerer zähmen und züchten lassen soll.

Als


Kleiner Singschwan ( Cygnus minor, Pall.)

tritt uns eine Art entgegen, welche wiederum von manchen Vogelkundigen nur als Spielart und zwar des Singschwans angesehen wird. Er soll sich indessen durch folgende Merkmale auszeichnen:

Das reinweiße Gefieder hat besonders an Kopf und Hinterhals einen deutlichen gelblichen Schein; die Zügel und der obre Theil des Schnabels sind orangegelb, während der vordre Schnabel von den Nasenlöchern an schwarz ist; die Füße sind gleichfalls schwarz; der Hals erscheint bemerkbar dünner und die Größe ist erheblich geringer (Länge des Mnch. 126 cm; des Wbch. 116–120cm; nach Fritsch). Das Weibchen ist bisher noch nicht beschrieben. Das Jugendkleid soll heller grau sein; Zügel und Gegend um den Schnabel heller fleischfarben und die Füße schwärzlich.

Als Heimat wird der hohe Norden von Europa und Asien angegeben, trotzdem soll er in strengen Wintern durch das ganze nördliche Europa bis nach Frankreich hinab streichen. In allem übrigen dürfte er mit dem vorigen durchaus übereinstimmend sein.


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