Poggio Fiorentino
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223.
Von einem Minoritenmönche, durch dessen Hilfe ein Kind zu seiner Nase kam.

Ein sehr geistreicher Mann aus Rom, mit dem ich mich in unserem Kreise unterhielt, erzählte mir eine sehr lustige Geschichte, deren Heldin eine Nachbarin von ihm war: »Ein Minoritenmönch namens Lorenzo hatte ein Auge auf die schöne junge Frau eines Nachbarn von mir (und er nannte seinen Namen) geworfen. In dem Wunsche, Fortschritte bei ihr zu machen, bat er ihren Mann, ihn als Paten bei seinem Erstgeborenen anzunehmen. Als der Mönch, 220 der das junge Weib auf Schritt und Tritt beobachtete, merkte, daß sie schwanger war, kam er, während der Mann dabei war, zu ihr und sagte wie einer, der die Zukunft voraussieht, sie sei schwanger und werde etwas gebären, was ihr großen Kummer bereiten würde. Im Glauben, er meine, sie würde ein Mädchen bekommen, sagte die junge Frau: »Auch wenn es ein Mädchen wird, soll es mir sehr willkommen sein.« Aber der Mönch sagte mit betrübter Miene, es sei etwas weit Schlimmeres, und weckte damit in ihr die Begierde, zu erfahren, was ihr drohe. Aber so sehr sie auch in ihn drang, ihr das Kommende zu verkünden, weigerte er sich doch beharrlich, es ihr zu sagen. Schließlich ließ sie ihn, um endlich ihr Unglück zu erfahren, ohne Wissen ihres Mannes kommen und erreichte durch vieles Bitten, daß er ihr sagte, was für eine Mißgeburt sie zu fürchten habe. Nachdem er ihr strengstes Stillschweigen auferlegt hatte, sagte der Mönch endlich, sie werde einem Knaben das Leben schenken, der keine Nase haben würde, was für das Gesicht eines Mannes das Allerhäßlichste sei. Als die junge Frau erschrocken fragte, ob es denn gar kein Mittel dagegen gebe, sagte er: » Ja, aber wir müssen einen Tag verabreden, an dem ich bei dir liegen kann, um das, was dein Mann versäumt hat, nachzuholen und 221 dem Knaben eine Nase zu schaffen.« So hart dies der jungen Frau schien, gab sie sich doch, damit das Kind nicht mißgestaltet auf die Welt komme, an dem verabredeten Tage dem Mönche hin. Und als er nachher erklärte, die Nase sei noch nicht fertig, litt sie, daß er noch öfter bei ihr lag. Als sie vor Scham regungslos dalag, sagte er, sie müsse sich auf und nieder bewegen, damit infolge der Reibung die Nase fester wachse. Endlich gebar sie einen Knaben, der zufällig eine sehr große Nase hatte. Als sie sich darüber wunderte, sagte der Mönch, er habe etwas zu viel gearbeitet, um sie herzustellen. Sie erzählte die Sache nachher selbst ihrem Gatten und sagte, sie habe gemeint, es sei ein häßlich Ding, einen durch den Mangel einer Nase verunstalteten Sohn zu bekommen. Und ihr Mann lobte sie dafür und billigte die Arbeit des Paten.

 


 


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