Poggio Fiorentino
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104.
Geschichte von einem Notar, erzählt von Carlo da Bologna.

Einige von uns, darunter auch päpstliche Sekretäre, speisten im Palaste des Papstes. Man unterhielt sich über jene Leute, deren ganzes Wissen und Erfahrung in aufgeschriebenen Formeln besteht, und die nicht nach deren Sinn fragen, sondern nur sagen, ihre Vorgänger hätten es so aufgezeichnet. Da sagte Carlo da Bologna, ein sehr fröhlicher Mann: »Diese Leute haben eine große Ähnlichkeit mit einem Notar (dessen Namen er nannte) aus meiner Vaterstadt. Zu ihm kamen zwei Männer, die einen Kaufvertrag aufsetzen lassen wollten. Schon hatte er die Feder ergriffen und angefangen zu schreiben, da fragte er sie nach 105 ihren Namen. Und als der eine gesagt hatte, er heiße Giovanni, und der andere, er heiße Filippo, antwortete der Notar sogleich, das Instrument (wie man es nennt) könne für sie nicht ausgefertigt werden. Und als die beiden fragten, warum nicht, erklärte er: »Wenn der Verkäufer nicht Corrado und der Käufer nicht Tizio heißt (diese Namen hatte er nämlich allein in seinen Musterbeispielen gelernt), kann der Vertrag nicht rechtsgültig abgeschlossen werden. Und da sie sagten, sie könnten ihre Namen nicht ändern, und der Notar bei seiner Meinung blieb, weil es so in seinen Formularen stehe, schickte er sie, die auf ihrer Weigerung beharrten, endlich fort. Und sie verließen den Esel, der eine Fälschung zu begehen meinte, wenn er die in seinen Paradigmen angenommenen Namen durch andere ersetzte, und suchten sich einen anderen Notar.«

 


 


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