Poggio Fiorentino
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16.
Von Giannozzo Visconti.

Antonio Lusco, ein sehr witziger und gelehrter Mann, sagte einmal einem Bekannten, der ihm einen an den Papst gerichteten Brief zur Durchsicht brachte, er solle ihn in gewissen Punkten verbessern und umarbeiten. Am folgenden Tage aber brachte ihm jener das Schreiben unverändert wieder. Lusco sah hinein und sagte: »Du hast wohl gemeint, ich sei Giannozzo Visconti?« Und als wir ihn fragten, was es damit für eine Bewandtnis habe, erzählte er: »Giannozzo, ein vortrefflicher, aber körperlich und geistig schwerfälliger Mann, war einmal unser Stadthauptmann von Vicenza. Er rief häufig seinen Geheimschreiber und ließ ihn Briefe an den alten Herzog von Mailand aufsetzen. Er selbst diktierte nur einen kleinen Teil, nämlich die Höflichkeitsformeln, das Weitere überließ er dem Schreiber, der ihm nachher den fertigen Brief zur Durchsicht übergab. Kaum hatte ihn Giannozzo dann genommen, um ihn zu lesen, als er ihn auch schon ungeschickt und unbrauchbar fand. »Der Brief 26 taugt nichts!« sagte er, »geh und verbessere ihn!« – Der Schreiber, der die Art und Weise und die Beschränktheit seines Herrn kannte, kehrte bald darauf mit demselben Briefe zurück, ohne irgend etwas daran geändert zu haben, und sagte, er habe ihn verbessert und noch einmal geschrieben. Hierauf nahm ihn Giannozzo in die Hand, als wolle er ihn lesen, blickte einen Augenblick hinein und sagte dann: »So ist es gut; geh jetzt, setze das Siegel darunter und sende ihn dem Herzog.« Und so pflegte er es mit allen Briefen zu machen.

 


 


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