Poggio Fiorentino
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157.
Von einem Florentiner, der mit der Tochter einer Witwe verlobt war.

Ein Florentiner, der sich für sehr pfiffig hielt, hatte sich mit der Tochter einer Witwe verlobt. Er kam, wie es so geschieht, öfters in die Wohnung seiner Zukünftigen und raubte dem Mädchen einmal in Abwesenheit der Mutter seine Unschuld. Die Mutter las auf dem Antlitze des Mädchens, was geschehen war, und machte ihm die bittersten Vorwürfe, weil es das Haus entehrt, und erklärte schließlich, daß die künftige Heirat durchaus nicht sicher sei, und daß sie alles aufbieten würde, um die Verlobung aufzulösen. Als er seine künftige Schwiegermutter wieder hatte fortgehen sehen, kehrte der junge Mann zurück, traf das 160 Mädchen niedergeschlagen und erfuhr auf seine Frage nach der Ursache von dem Beschlusse der Mutter, das Verhältnis zu lösen. »Was willst du tun?« fragte er. »Meiner Mutter gehorchen«, antwortete die Kleine. »Das liegt ganz bei dir«, sagte er darauf, und als sie fragte, auf welche Weise die Lösung bewerkstelligt werden könne, setzte er hinzu: »Das erste Mal hast du zu unterst gelegen, jetzt mußt du dich auf mich legen, damit das Verhältnis durch den gegenseitigen Akt gelöst werde.« Das Mädchen stimmte zu und löste das Verhältnis. Einige Zeit darauf nahm sie einen andern Mann, und auch er verheiratete sich. Als er Hochzeit machte, war seine frühere Braut zugegen, und als beide in Erinnerung an das Vorhergegangene einander zulächelten, sah das die junge Frau und fragte, etwas Schlimmes argwöhnend, in der Nacht ihren Mann, was das Lächeln zu bedeuten gehabt habe. Er wollte nicht mit der Sprache heraus, aber sie drang so lange in ihn, bis er die Geschichte erzählte und damit die Dummheit des Mädchens offenbarte. »Gott strafe sie!« rief sie aus, »die so dumm war, das der Mutter zu gestehen! War es denn nötig, daß das dumme Ding seiner Mutter von Eurer geheimen Lust erzählte! Unser Diener hat mehr denn hundertmal bei mir geschlafen, aber niemals habe ich meiner 161 Mutter auch nur ein Wort gesagt.« Der Mann schwieg; denn er fühlte, daß er den verdienten Lohn erhalten hatte.

 


 


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