Poggio Fiorentino
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142.
Von einem Eremiten, der sich vieler Frauen bedient hatte.

Zur Zeit Francescos VII., Herzogs von Padua, lebte in Padua ein Eremit mit Namen 146 Ansimirio. Dieser, der für einen heiligen Mann galt, hatte unter dem Vorwande der Beichte viele Frauen, darunter sehr vornehme, zu verführen gewußt. Endlich wurden seine Schandtaten ruchbar (denn die Heuchelei läßt sich nicht lange verhüllen), Ansimirio wurde durch den Profoß gefangen genommen und, nachdem er ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte, dem Herzog vorgeführt. Francesco hatte einen seiner Schreiber zugezogen und gedachte an den Geständnissen des Eremiten seinen Spaß zu haben. Er fragte ihn darum nach Einzelheiten und nach den Namen der Frauen, die er beschlafen hatte. Ansimirio nannte eine Menge, darunter auch Frauen von Leuten aus der nächsten Umgebung des Herzogs, und der Sekretär schrieb die Namen auf, um sich an der Liste zu ergötzen. Als der Eremit endlich mit seiner Aufzählung zu Ende zu sein schien, fragte ihn Francesco, ob er nicht noch einige ausgelassen habe, er stellte es aber entschieden in Abrede. Der Schreiber drang jedoch streng in ihn und drohte ihm mit Anwendung von Gewalt, wenn er nicht alle Namen nennen würde. Da seufzte jener und sagte: »Schreib auch deine Frau in die Liste!« Auf diese Worte entfiel dem Schreiber vor Schmerz die Feder, der Herzog dagegen mußte laut lachen und sagte: »Es ist nur gerecht, daß, wer mit 147 so viel Vergnügen die Schande der anderen registrierte, jetzt selbst davon betroffen wird.«

 


 


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