Friedrich Spielhagen
Opfer
Friedrich Spielhagen

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Ich komme Dir zu früh; sagte Falko, nachdem er seinem Vetter die Hand geschüttelt. Wir hatten die Verabredung auf zwölf – aber ich soll Rentlow abholen, und da wäre ich zu spät gekommen. Wir wollen nämlich die betreffende Visite bei Bielefelders zusammen schneiden.

Es thut nichts, sagte Wilfried. Das Geld liegt bereit. Willst Du Dir nicht eine Cigarre anzünden?

Du weißt, ich refüsiere nie eine, die Du mir offerierst.

Dann bitte, bediene Dich!

Er hatte aus seinem Portefeuille das Paket Banknoten genommen, die er gestern von der Kasse erhalten. Es 156 währte einige Zeit, bis er mit dem Abzählen fertig war. Den Rest that er in das Portefeuille zurück.

Willst Du nachzählen?

Ist nicht nötig. Unser einer hat ein verdammt scharfes Auge für einen zu viel, oder zu wenig. Meistens ist es einer zu wenig. Du behältst höllisch wenig für dich übrig, armer Kerl. Na, ein Trost ist: Du kannst jeden Augenblick mehr haben.

Wir wollen doch lieber nicht zu sicher auf die Quelle rechnen; sie könnte auch mal versiegen.

Donnerwetter! da säßen wir schön in der Patsche! Ich meine Du und Ebba – von mir will ich nicht sprechen. Aber wie kommst Du auf den tollen Gedanken?

Wie man auf so was kommt.

Bei Dir pflegt dergleichen irgend einen Hintergrund zu haben. Die Geschichte von gestern abend? Die kannst Du doch nicht tragisch nehmen.

Welche Geschichte?

Bei Tante Adele. Du sollst da ja einen schneidigen Frontalangriff gegen die ganze Gesellschaft gemacht haben. Die Tante soll in einem Atem blaß und rot geworden sein.

Wer hat Dir das erzählt?

Bronowski. Ich traf ihn eben auf der Straße.

Ich finde es nicht hübsch von dem Major, so aus der Schule zu plaudern.

Gott, er hat sich nichts Böses dabei gedacht. Man erzählt sich dergleichen doch – worüber soll man denn sonst sprechen? Übrigens sagte er noch: ihn habest Du allerdings auch unsanft angerempelt; aber ein paar gelehrten Herren fürchterlich auf die lieben Hühneraugen getreten. Und die alte Wiepkenhagen, die verdrehte Schraube, soll ganz rabiat gewesen sein. Gesagt haben: sie setze keinen Fuß wieder in Tante Adelens Montagskränzchen. Du hast gewiß ihre neuesten Novellen nicht genug gelobt?

Ich kenne sie gar nicht. Ich hatte an den alten genug.

157 Ich auch. Ebba hat uns neulich ein paar Seiten draus vorgelesen. Wir haben uns halb tot gelacht. So was krieg ich zur Not auch noch fertig. Nun muß ich aber fort. Ja so! ich glaube wahrhaftig, ich habe Dir noch gar nicht gedankt.

Laß das doch! Wir sehen uns heute abend?

Mit Vergnügen – das heißt: wo denn?

Bei Euch. Ebba schreibt mir: Ihr habt eine kleine Gesellschaft.

Keine Ahnung. Na, meinetwegen. Also: au revoir.

Au revoir.

* * *


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