Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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406. An Goethe.

d 1ten Juli 1808

Lieber Sohn!

Deine Wercke sind den 29 ten Juni glücklich bey mir angelangt – Ich – Schlossers – Stocks dancken auf das hertzlichste davor – alle 8 Bände sind beym Buchbinder werden in halb Frantzband auf das schönste eingebunden wie sich das vor solche Meister wercke von selbst versteht. Dein Liebes Briefgen vom 22 ten Juni war mir wieder eine tröstliche – liebliche – herrliche Erscheinung – Gott! Seegne die Cur ferner – und laße das alte Übel völlig verschwinden – und an Lob und Danck soll es so lang ich athme nicht fehlen. Deinen Lieben – freundlichen Brief an Betinen habe Ihr noch nicht können zustellen Sie fährt wie ein Irwisch bald ins Reingau – bald anders woherum so bald Sie kommt soll Ihr dieses Glück werden. Herr Werner ist hir – Frau von Staell gebohrne Necker war hir. In dieser Jahres Zeit ist Franckfurth mit Frembten immer gepropft voll es ist wie eine Volcks Aus wanderung so gar von Norwegen kommen sie, und alle sind erstaunt über die Schönheit in Franckfurth besonders aber außer der Stadt – die alten Wälle sind abgetragen die alten Thore eingerißen um die gantze Stadt ein Parck man glaubt es sey Feerrey – man weiß gar nicht mehr wie es sonst aus gesehen hat – unsere alte Perücken hätten so was biß an Jüngsten Tag nicht zu wegen gebracht – bey dem kleinsten Sonnenblick sind die Menschen ohne Zahl vor den Thoren Christen – Juden – pele mele alles durcheinander in der schönsten Ordnung es ist der rührenste Anblick den man mit Augen sehen kan – und das ist und wird alles ohne Unkosten gemacht – die Plätze der alten Stadt Mauren – Wälle werden an hisige Bürger verkauft – da nimbt der eine viel der andre weniger jeder baut nach Hertzens Lust – einer macht einen Bleichgarten – der andre einen Garten u. s. d. das sieht den Schamant aus – und hirmit Basta! Laße mir den guten Augst mit Schreiben ungeplagt ich weiß wo Er wohnt – weiß Er ist gesund – Er macht Fußreißen, was soll ich denn noch mehr wißen – plage den jungen nicht mitschreiben – Er hat villeicht eine Ader von der Großmutter – Schreiben – Daumen Schrauben es ist bey mir einerley – heute habe ich 3 Briefe zu Schreiben!! Einen an Herren Vulvius, einen an dich – einen an meine Liebe Tochter nach Lauchstädt Lebe wohl! Grüße Herrn Riemer – und behalte lieb

deine
treue Mutter
Goethe.

N. S. Wenn ein Schauspieler nahmens Werdi dich ohngefähr antrieft sey Ihm freundlich.


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