Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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287. An Goethe.

den 20ten Juli 1799

Lieber Sohn!

Hertzlich hat mich die Nachricht von Euer aller Wohlseyn erfreut – So wie mir meine Liebe Tochter schreibt – war ein etwas starcker Roumor in Eurem Haußweßen wegen Anweßenheit der Königlichen Majestät! Die Franckfurther haben auch alles mögliche gethann – um ihren ehemahligen Bekandten zu beleben – Er hat es auch recht freundlich auf und angenommen – mir ist eine Ehre wiederfahren, die ich nicht vermuthete – die Königin ließ mich durch Ihren Bruder einladen zu Ihr zu kommen der Printz kam um Mittag zu mir und speißte an meinem kleinen Tisch – um 6 uhr holte Er mich in einem Wagen mit 2 bedinten hintenauf in den Taxischen Palast – die Königin unter hielt sich mit mir von vorigen Zeiten – erinnerte Sich noch der vielen Freuden in meinem vorigen Hauß – der guten Pannekuchen u.s.w. Du Lieber Gott! was so etwas vor Wirckung auf die Menschen macht! Das war gleich in allen Coffe und Weinhäußern, in großen und kleinen Gesellschaften – es wurde in den ersten Tagen nichts anders geredetet als, die Königin hat die Frau Rath durch den Erbprintzen von Mecklenburg zu sich holen laßen – und wie ich Stapazirt wurde alles zu erzählen was alles da wäre abgehandelt worden mit einem Wort ich hatte einem Nimbus ums Haupt der mir gut zu Gesichte stand. Dancke ja recht schön meiner Lieben Tochter vor Ihren Lieben Brief und vor die überschicken Jounahle und Mercure – besonders aber vor das herrliche Werck der Confirmation des Erprintzen – das hat mir wohlgethan – das ist ein ander Ding – als von unserm überspanten Hufnagel – mit seinem jemmerlichen a.b.c. buch worüber in Sachsenhaußen beynahe eine Revolution entstanden wäre. Die Bethmann danck recht sehr vor die Höltzer die wohlbehalten angelangt sind – mit dem überblieben Louidor das hast du gantz brav und schön gemacht – In der vorigen Lotteri hast du ja gerade so viel gewonnen – daß gegenwärtige Ziehung nichts kostest die 5 te Classe wird den 5 Augst – und die letzte den 2 ten September gezogen – da du denn gleich Nachricht haben solst. Der Liebe Augst hat mir wieder ein dickes Heft von seinen Reißen zugeschickt – das mich sehr gefreut hat – grüße Ihn hertzlich von der Großmutter und dancke Ihm. Jetzt eine Theater affäre. Wir haben hir ein junges Demosellgen 17 Jahr alt nahmens Casperts, die gerne nach Weimar auf Theater mögte – Sie war hir zu ersten Liebhaberinnen angenommen, gefiehl auch als Friedericke in den Jägern und als Cora in der Sonnenjungfrau – nachher wolte es nicht recht fort – die Ursach mag in einer gewißen Faulheit und Gemächlichkeit liegen – genung es wurde Ihr aufgesagt – Sie ist von hübschen Eltern aus Mannheim Demoiselle Jagemann kent sie – sie will gern zweyte Rollen übernehmen – hir hat sie 800 f bekommen – Ich würde mich mit der Sache gar nicht befaßt haben – aber Frau Stock – die sich Mutter von ihr nennen läßt bate mich so lange, daß ich es Ihr versprach – Meiner Lieben Tochter würde ich auch geschrieben, und mich bey Ihr selbst bedanckt haben – deßgleichen an den Lieben Augst – aber ich habe durch die Kranckheit meiner Köchin, so eine Unordnung in meinen thun und seyn – daß mir diesen Brief zu Ende zu bringen Mühe kostest – da ich nehmlich nichts ordentliches bey mir zu Eßen haben kann; so gehe ich beynahe alle Tage zu Gaste bin also den Nachmittag nicht zu Hauß – da gibts nun die Morgenstunden – aufzuräumen – zu Rechnen und diß und das – daß die Zeit zum Schreiben sehr knapp zugetheilt ist. Ich will bey beßerer Muße alles wieder einbringen. Grüße und Küße einstweilen alles was dir und mir lieb ist von

deiner treuen Mutter Goethe.

N. S. Viele Grüße von Schlossers.


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