Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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320. An Goethe und die Seinen.

den 18ten Jenner 1802

Lieber Sohn!

Das Käyerliche Present hat mich sehr gefreut – wer hätte vor 25 Jahren gedacht daß die Freundschaft die du Klinger damahls erwießen von seinem Käyser so ehrenvoll recompansirt werden solte – da du diese Sache villeicht schon längst vergeßen hast; so schicke hir ein Briefelein mit |: das ich auf die sonderbahrste weiße bekommen habe :| daraus zu ersehen, wie jede gute That sich hir schon belohnt – darob hatte ich große Freude – weil es meinen Grundsatz auf neue befestigte. Ferner freut es mich, daß du diesen Winter dich in Gesundheit beßer befindest als vorm Jahr Gott! Erhalte dich! Mir und uns allen. Vor Kotzebue Merckwürdiges Jahr dancke nochmahls – das hat mir und meinen Freunden sehr wohl behagt – Ich weiß nicht ob du Bekandschaft mit Ihm hast wäre es andem; so dancke Ihm in meinem Nahmen vor sein Epigram – so hat sich das hisige Pupplicum lange nicht amusirt es ist vortreflich besetzt – besonders Demmer der den Hippeldantz macht hat einen hisigen Herrn so copirt daß es gleich das gantze voll geprofte Hauß wußte die Einnahme war nur vom Parterre und galleri ohne die Logen 660 f. Jetzt ein paar Worte mit meiner Lieben Tochter!

Liebe Tochter! Tausend Danck vor Ihren Lieben Brief, Sie haben mich dadurch sehr glücklich gemacht – beehren Sie mich zuweilen mit Ihrer lieben Zuschrift, und ich werde immer dadurch verjüngt wie ein Adler! Wohl mögte ich einmahl das weimarer Theater das überall berühmt ist sehen – aber du Lieber Gott!! Ich und Reißen!! Ich wünscht ich hätte Frau von la Roche Ihren Muth und Ihre Reiße seligkeit, den habe ich aber nicht, und da wird es wohl so bey dem alten bleiben. Tantzen Sie immer liebes Weibgen Tantzen Sie – frölige Menschen die mag ich gar zu gern – und wenn sie zu meiner Famile gehören habe ich sie doppelt und dreyfach lieb – Wäre ich eine Regirende Fürstin, so machte ich es wie Julius Cäsar lauter fröliche Gesichter müßten an meinem Hof zu sehen seyn denn das sind der Regel nach gute Menschen, die ihr Bewußtsein froh macht – aber die Duckmäußer die immer untersich sehen – haben etwas vom Cain an sich die fürchte ich – Luther hat Gott zu Cain sagen laßen warum verstelts du deine Geberde, aber es heißt eigendlich im Grundtext – warum läßt du den Kopf hängen. Leben Sie wohl – vergnügt und Tantzen wo Sie Gelegenheit dazu finden – darüber wird sich hertzlich freuen die sich nent

Ihre
treue Mutter Goethe.

Auch ein Wort mit dir Lieber Augst! Vor deinen schönen Neujahrwunsch, und eben so anschauliche Beschreibung – des Christkindleins Maskerade und deines Naturaliens Cabinet – du bist ja recht reich an prächtigen sachen und Seltenheiten! Dancke Gott! der dir so einen Rechschaffenen Vater gegeben hat – der dich zu allem schönen und gutem erzieht – O! wie viele Kinder sind minder glücklich! In wie manchem liegt der Keim zum schönen und guten wird aber leider unterdrück – Bitte Gott täglich daß Er dir deinen Lieben Vater und Mutter erhält, und sey ferner folgsam – so wirst du bey Gott Gnade haben, und die Menschen werden dich Lieben – Laße wie bißher zuweilen diejenige was von dir hören, die ewig ist

deine
dich Liebende Großmutter
Goethe.

N. S. Vor die mir im vorigen und in diesem Jahr überschickte Modejournahle – Jannuse – Mercure dancke recht sehr und bitte nicht allein damit gütigst fortzufahren sondern mir zu ergäntzen was an obigen noch fehlt. Vom Janus fehlt No. 4. und No. 6. vom Mercur fehlt No. 7 davor habe 2 No. 6. wovon 1 wieder bey Gelegenheit zurück senden werde.


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