Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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365. An Goethe und seinen Sohn.

den 11ten May 1805

Morgen ist Pancratius – Montags Servatius – O! weh!! Da gibts noch Schlossen und Schnee.

Lieber Sohn!

Meinen Besten Danck vor deinen guten lieben Brief er hat mich erfreut, und meinem Hertzen wohl gethan – auch mir einen sehr frohen Tag gemacht – Ihr habt Ihn nun wieder gesund an Leib und Seele – Gott! erhalte Ihn uns so wie Er ist und Freude und Wonne wird Euch und mir nicht fehlen Amen. Seine Abreiße hat mir sehr wehe gethan – ich war die Virthalb wochen so an Ihn gewohnt – daß ich imer glaubte in der neben Stube seine Stimme zu hören – nur das tröstete mich, daß hir nichts vor Seine Bestimmung zu thun ist – platterdings nichts – und daß also Sein zukünftiges Glück obschon in der Ferne mir mehr gelten muß als das nahesein bey der Großmutter! Doch diese vergnügten Tage werden mir lange wohlthun – Sein hir gelaßenes Stambuch ist jetzt in den Händen des Consuls Bethmann – Schwartzkopf hat sich ein hübscher Andencken drinnen gestiffet. Es ist kein Geschäffte das von der Hand geht – denn wo es in ein Hauß kommt, da ließts das gantze Hauß – Frau – Mutter – Schwestern – Töchter – aber es wird auch das warten reichlich belohnt werden! Potz Fischgen! Was lehrreiche Sententzen – Sprüche – Verse u. s. w. werden darinnen erscheinen, drum Gedult. Noch in einem punct muß unser Lieber Augst diese edle Tugend ausüben – Sein hir zurück gelaßener Reichthum hat einen so großen Kasten erfordert, daß die Speßen auf dem Postwagen etwas theuer gekommen wären – ich habe daher meine Zuflucht zu meinem Haußfreund Nicolaus Schmidt genommen der auf das bald möglichste ihn wohl Eampalirt nach Weimar spediren wird – Sage Augst – es wäre doch gescheider daß noch ein schönes Schemisett mit käme – als daß mann der Post das Geld gegeben hätte. Heute wird der Kasten Herrn Schmidt übergeben – und sobald er die Reiße von Stolppe nach Dantzig angetretten hat – soll es Euch kund und zu wißen gethan werden. Wir haben ein gantz jämerliches Frühjahr Feuer im Offen – nichts wächts – ich trincke schon 20 Jahr die Molcken – muß warten, es ist noch nichteinmahl kerbel da!!! Nun bleiben wir alle nur hübsch gesund – das andre gibt sich. Nochmahls Danck vor Augsts besuch und den lieben Brief von seiner glücklichen Zurückkunft, behaltet lieb – diejenige die Euch jetzt doppelt und dreyfach liebt und die sich nent

Euer aller treue Mutter u Großmutter Goethe.

N. S. Daß du meine Liebe Tochter u meinen lieben Schachspieler küß u grüßt das ist mein ernster Wille.

N. S. An meinen lieben Augst! So eben erhalte deinen Lieben Brief – daß es dir bey mir gefallen hat freut mich und wird mich noch lange freuen – behalte mich lieb – alles übrige steht in dem Brief an den Vater. Ewig deine dich Liebende Großmutter

Goethe.


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