Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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280. An Christiane Vulpius.

den 9ten November 1798

Liebe Tochter!

Haben Sie die Güte und dancken meinem Sohn und dem Lieben Äugst – ersterem vor seinen Lieben Brief – dem letzten vor seine schöne BeschreibungLoben Sie Ihn in meinem Nahmen – und sagen Ihm, daß Er gegen die Großmutter gerechnet – Ein gelehrter ist – sein Fleiß hat mich sehr gefreut. – entschuldigen Sie mich bey meinen beyden Lieben, daß ich nicht jedem insbesondre Antworte – besonders dem Lieben Augst der mir so viele Freude mit seinen Beschreibungen gemacht hat, und von dem ich so manches das mir gantz unbekandt war geler[n]t habe. Ich bleibe seine Schuldnerin und werde das versäumdte nachholen. Jetzt frage ich Ihnen meine Liebe! was dem Lieben Augst zum Heiligen-Crist wohl erfreuen könte? auch was ihm etwa an Kleidungs stücken angenehm und nützlich wäre – die Zeit rückt naher und ich mögte es gerne noch früh genung übersenden, damit es hübsch fix und fertig wäre. Freund Gerning hat die Castanien besorgt – und jetzt werden sie wohl angelangt seyn – Was ich zuerst hätte thun sollen thue ich zuletzt – Ihnen hertzlich zu dancken vor überschickung der Modejournahle und Mercure – besonders aber vor Ihren Lieben Brief – ich habe mich gantz in Ihre unruh und sorgenvolle Lage versetzt – daß, wäre ich an Ihrer Stelle geweßen ich gewiß an kein Schreiben gedacht hätte – vor diese Aufmercksammkeit gegen mich – nehmen Sie hirmit nochmahls meinen besten Mütterlichen Danck. Ja wenn die Großmutter nicht so gemächlich wäre; so wäre das gar nicht übel wenn sie einmahl ihre Kinder besuchte – und alles schöne was ich schon längst von Weimar gehört habe selbst in Augenschein nähme – Aber du Lieber Himmel!! Ich und Reißen! Das gescheideste ist meine Kinder kommen zu mir – dabey wirds auch wohl sein Bewenden haben. Leben Sie wohl! Grüßen meinen Sohn – und den geschickten – fleißigen – lieben – guten – braven Augst von Eurer allen treuen Euch liebhabenden

Mutter u Großmutter Goethe.


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