Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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305. An Goethe.

den 31ten Jenner 1801

Lieber Sohn!

Dancke meiner Lieben Tochter vielmahls vor Ihren Lieben Brief vom 22ten Jenner – Gott sey Lob und Danck! daß Er die dir gedrohte große Gefahr so gnädig und bald abgewendet hat – Ach was ist die Unwißenheit eine herrliche Sache! Hätte ich das Unglück das dich betrofen gewußt ehe die Beßerung da war, ich glaube ich wäre im Elend vergangen – so aber war ich gerade diese krittische Tage froh und vergnügt – nun war es aber wieder sehr gut, daß ich Nachricht von deiner Beßerung hatte, sonst wäre es noch erschrecklicher geweßt – denn der Brief meiner Lieben Tochter kam Sontags früh um 11 Uhr an – ich hatte der Syndicus Schlossern versprochen Sie Abens mit ins Schauspiel zu nehmen weil Johanne von Monfocon gegeben wurde – ich sagte nicht ein Wort von deinem Krancksein – ein Unglück lauft gleich einem Lauffeuer – und sowas kan ich nicht ertragen – Aber nun kommts warum es so herrlich gut war, daß ich deine Beßerung erfahren hatte: Herr Handelsmann Friederich Schmidt mein Logen Nachbar fragte, was ich vor Nachricht von dir hätte, du müßest sehr kranck seyn – denn der Hertzog hätte einen Eilboten nach Jena geschickt um einen dortigen geschickten Artz um Hülfe zu rufen – Nun bitte ich dich überlege wenn ich den guten Brief deiner Beßerung nicht in Händen gehabt hätte, ich glaube der Schrecken wäre mir tödlich geweßen, so aber sagte ich gantz kurtz, daß du wieder beßer wärest, fragte aber doch woher er das wiße? ein Vetter von mir erwiederte er studirt in Jena – der hat es mir geschrieben. Innerlich danckte ich Gott vor meinen vor ein paar Stunden vorher empfangenen Brief – und war so zimmlich ruhig. Jetzt hoffe ich, daß du völlig wieder hergestelt bist – auch daß du mit deinem schönen braunen Auge Gottes Schöpfung wieder frölich Anschauen wirst, und bitte sehr um baldige Nachricht, von den fortschritten deiner Besserung, damit meine Seele mit freudigem Munde und Hertzen, Gott davor dancken könne! Ihro Hochfürstliche Durchlaucht lege meinen innigsten Danck zu Füssen vor alle die gnädige Sorgfalt und Liebe, die dieser vortrefliche Fürst in diesen Bößen und gefährlichen Tagen dir erzeigt hat – Gott! seegne den Besten Fürsten und das gantze Hochfürstliche Hauß zeitlich und ewig davor Amen. Lebe wohl! und laße mich balde wieder etwas gutes von dir hören – grüße meine Liebe Tochter – und den guten Augst von

Euerer
treuen Mutter u Großmutter
Goethe.

N. S. Auch dem Braven Geist dancke vor seine Beyhülfe – und allen die dich erquickt und dein Leiden haben tragen helfen. Tausendmahl danckt die nun wieder frohe Mutter. Gott! vergelte es allen allen allen.


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