Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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264. An Christiane Vulpius.

den 23ten September 1797

Liebe Freundin!

Zwey ja dreyfachen Danck bin ich Ihnen schuldig – vor die Huflandischen Bücher – vor die auserordentlichen schönen und wohlgerathenen Strümpfe – die mir wie angegoßen sind – und mich diesen Winter vor der Kälte wohl beschützen sollen – und endlich daß, Sie mir doch ein klein Fünckgen Licht von meinem Sohn angezündet haben – vermuthlich wißen Sie also wo Er ist? Gestern waren es 4 Wochen daß Er von hir weggereißt ist und ich habe noch keine Zeile von Ihm gesehen – die Briefe die nach seiner Abreiße bey mir eingelaufen sind – liegen ruhig auf meinem Tisch – da ich nicht weiß wo Er ist – und ich sie also ohnmöglich Ihm nachschicken kan. Da ich von Ihnen Liebe Freundin höre daß Er wohl und vergnügt ist – so bin ich ruhig – und will alles andre gedultig abwarten. Unsere Meße ist dißmahl auserordtlich Brilliant – Königliche Bräute zukünftige Churfürstinnen – Printzen – ditto Printzeßinnen – Gaffensoll Graffen heißen – Baronen – mit und ohne Stern u.s.w. Es ist ein fahren – Reiten – gehen durcheinander – das Spaßhaft anzuschauen ist – mittlerweile wir nun hir gaffen klaffen und ein wahres Schlarraffen Leben führen – Sind Sie meine Liebe arbeitsam – sorgsam – wirthschaftlich – damit wenn der Häschelhans zu rück kommt – Er Kammern und Speicher angefült von allem guten vorfinden wird – nehmen Sie auch davor meinen besten Danck – denn ein wirthschaftliches Weib – ist das edelste Geschenck vor einen Biedermann – da das Gegentheil alles zerrüttet und Unglück und Jammer über die gantze Familie verbreitet – Bleiben Sie bey denen Ihnen beywohnenden Edlen Grundsätzen – und Gott! und Menschen werden Wohlgefallen an Ihnen haben – auch wird die Ernde die Mühe reichlich belohnen. Grüßen Sie den lieben Augst und dancken Ihm durch einen Kuß vor seinen Lieben Brief – Gott! erhalte Ihn zu unser aller Freude gesund – und laße Ihn in die Fußstappen seines Vaters tretten Amen. Behalten Sie mich indeßen in gutem liebevollen Andencken – und Seyn versichert daß ich biß ans Ende meiner Tage seyn werde

dero treue Mutter – und Freundin Goethe.

N. S. Haben Sie die Güte mir den Musterstrumpf zurück zu schicken – vor diesen Winter habe an dem einen paar genung – wenn ich übers Jahr noch bey der Hand bin; so schicke ich Ihnen wieder ein Muster – und ich weiß daß Sie die Güte haben werden es als dann abermahl zu besorgen. Auch sagen Sie dem Lieben Augst daß Er ehestens auch ein Briefgen von mir haben soll – heute aber hat die Großmutter viel und mancherley zu betreiben – und Er soll vor dißmahl mit Kuß und Gruß vorliebt nehmen. Vor das Modejournal dancke gleichfals.


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