Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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373. An Goethe.

den 19ten Augst 1806

Lieber Sohn!

Du kanst leicht dencken wie freundlich Herr Frommann von mir empfangen wurde da ich durch Ihn deinen Lieben Brief empfing – Gott sey danck! der das Baad gesegnet und deine Gesundheit auf neue befestigt hat! Er wird alles übel auch in Zukunft von dir entfernen, diß traue ich Ihm mit fester Zuversicht zu – und dieses Zutrauen hat mich noch nie |: in keiner Noth :| stecken laßen – dieser Glaube ist die einzige Quelle meines bestängigen Frosinns – bey unserer jetziges Lage ist eine große Stütze nothwendig – auf wen also? alle Menschen sind Lügner sagt David aus eigner Erfahrung denn Seine Majestät hat saubre Stückger gemacht – Unsere jetzige Mäjestätten – da hat mann auch Trost die Hülle und Fülle! Ich werde nicht betrogen, den ich habe mein Vertrauen nicht dahin gestelt – Bey meinem Monarchen verliert mann weder Capital noch Intereßen – den behalt ich. Mir ist übrigens zu muthe als wenn ein alter Freund sehr kranck ist, die ärtzte geben ihn auf mann ist versichert daß er sterben wird und mit all der Gewißheit wird mann doch erschüttert wann die Post kommt er ist todt. So gehts mir und der ganßen Stadt – Gestern wurde zum ersten mahl Kaiser und Reich aus dem Kirchengebet weggelaßen – Iluminationen – Feyerwerck – u.d.g. aber kein Zeichen der Freude – es sind wie lauter Leichenbegengnüße – so sehen unsere Freuden aus! Um mich Lieber Sohn! Habe keine Besorgnüße, ich komme durch – wenn ich nur zuweilen etwas guts von Euch meinen Lieben höre; so stört mich nichts in meinem Frohsinn – und meine 8 Stunden schlafe ich richtig in einem fort u.d.g. Der Primas wird täglich erwartet – Villeicht geht alles beßer als mann denckt – müßen erst den neuen Rock anprobiren – Villeicht thut er uns nur wenig geniren – drum laßt hinweg das Lamentiren u.s.w. Lebt wohl! Behaltet lieb – diejenige die unter allen Regirungs Veränderungen ist und bleibt

Eure Euch Liebende Mutter u Großmutter Goethe

N. S. Tausend hertzliche Grüße an meine Liebe Tochter u an den Lieben Augst, deßen Strumpfbänder ich immer noch zum Andencken trage.

Noch eine Nachschrift! Das Zusammentrefen mit der Printzeßin von Mecklenburg hat mich auserordentlich gefreut – Sie – die Königin von Preußen – der Erbprintz werden die Jungendliche Freuden in meinem Hauße genoßen nie vergeßen – von einer steifen Hoff-Etikette waren Sie da in voller Freyheit – Tantzendt – sangen und sprangen den gantzen Tag – alle Mittag kamen Sie mit 3 Gablen bewaffnet an meinen kleinen Tisch – gabelten alles was Ihnen vorkam – es schmeckte herrlich – nach Tisch spielte die jetzige Königin auf dem piano forte und der Printz und ich waltzen – hernach mußte ich Ihnen von den vorigen Krönungen erzählen auch Mährgen u. s. w. Dieses alles hat sich in die jungen Gemüther eingedrück daß Sie alle 3 es nie bey aller sonstigen Herrlichkeit nimmermehr vergeßen – bey etwaiger Gelegenheit werde es anzubringen wißen – daß du deines Auftrags dich bestens entlegigt hat. Lebt nochmahls wohl u gedenckt meiner.


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