Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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375. An Goethe.

den 27ten October 1806

Lieber Sohn!

Mein erstes Geschäffte |: nach erhaltung deines mir so zu rechter Zeit gekommenen Briefes :| war Gott dem Allmächtigen auf meinen Knieen zu dancken und laut mit Anbettung zu jublen: Nun dancket alle Gott mit Hertzen – Mund und Händen! Ja Lieber Sohn! das war wieder eine Errettung – wie die 1769 – 1801 – 1805 da nur ein Schritt ja nur ein Haar, dir zwischen Tod und Leben war. Vergiß es nie; so wie ich es auch nie vergeße. Er der große Helfer in allen Nöthen, wird ferner sorgen, ich bin ruhig wie ein Kind an der Mutter Brust, den ich habe Glauben – Vertrauen – und feste Zuversicht auf Ihn – und niemand ist noch zu Schanden worden – der Ihm das Beste zugetraut hat – Jetzt noch einmahl Tausend Danck vor deinen trostreichen – lieben und herrlichen Brief. Zu deinem neuen Stand wünsche dir allen Seegen – alles Heil – alles Wohlergehen – da hast du nach meines Hertzens wunsch gehandelt – Gott! Erhalte Euch! Meinen Seegen habt Ihr hiemit in vollem Maas – der Mutter Seegen erhält den Kindern die Häußer – wenn sie schon vor den jetzigen Augenblick nichts weiter in diesen Hochbeinigen erbärmlichen Zeiten thun kan. Aber nur Gedult die Wechsel Briefe die ich von unserm Gott erhalten habe – werden so gewiß bezahlt als jetzt |: da ich dieses schreibe :| die Sonne scheint, darauf verlaßt Euch – Ihr solt mit Eurem theil zufrieden seyn – das schwöre ich Euch. Grüße meine Liebe Tochter hertzlich – sage Ihr, daß ich Sie Liebe – schätze – verehre – daß ich Ihr selbst würde geschrieben haben, wen wir nicht in einem beständigen Wirrwel lebten – Heute werden die Straßen die zum Bockenheimer Thor führen nicht leer von Preuschischen Gefangenen!!! Es ist ein getümmel ein Romor – daß man beynahe nicht im Stande ist, einen vernünftigen Gedancken zu haben. So bald es etwas ruhiger ist hole ichs nach. Jetzt muß ich nach einer kleinigkeit fragen – Am 20ten October hab mit dem Postwagen 28 Pfund Castanien an Euch abgeschickt habt Ihr sie bekommen? im entgegengesetzten Fall schicke ich andre, doch muß ich solches mit umgehnder Post nur mit ein paar Worten wißen sonst wird es zu spät – Herr Braun der mir deinen Lieben Brief über brachte glaubte daß sie glücklich angekommen wären – weil am 20ten Weimar und die Gegend wieder frey geweßen wäre – also nur ein wörtgen – Augst kan ja schreiben – Alle Freunde grüßen Euch – und freuen sich Eurer Erhaltung – das war ein wirr warr in unserer Stadt Gott sey Danck! daß dein Brief zu rechter Zeit ankamm.

Lebt wohl! Behaltet lieb –

Eure treue und hocherfreudte Mutter Goethe.


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